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13 U 123/67 - Oberlandesgericht (-)
Entscheidungsdatum: 03.01.1968
Aktenzeichen: 13 U 123/67
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Celle
Abteilung: -

Leitsatz:

Freiberufliche Sachverständige dürfen in Briefköpfen und ihrem sonstigen Schriftverkehr auf ihre öffentliche Bestellung als vereidigte Sachverständige nur hinweisen, wenn es sich um Schriftverkehr handelt, der sich auf die Tätigkeit des Sachverständigen auf dem Sachgebiet der Bestellung erstreckt.

Urteil des Oberlandesgerichts Celle

vom 3. Januar 1968

Zum Tatbestand:

Der klagende Berufsverband verlangt von dem beklagten Meister des Kraftfahrzeugmechanikerhandwerks die Unterlassung folgender Bezeichnung: „Meister des Kraftfahrzeugmechanikerhandwerks, amtlich bestellter und vereidigter Sachverständiger des Kraftfahrzeugmechanikerhandwerks der Handwerkskammer H. - freiberuflicher Sachverständiger gemäß § 36 Gewerbeordnung." Die Klägerin meint, dass sich der Beklagte nicht auf die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger durch die Handwerkskammer berufen dürfe.
Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben.

Aus den Entscheidungsgründen:


Das Unterlassungsbegehren des Klägers, für dessen Geltendmachung er, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 13 UWG sachlich befugt ist, ist gerechtfertigt. Der Beklagte hat durch das von dem Kläger mit Recht beanstandete Verhalten sowohl gegen § 3 als auch gegen § 1 UWG verstoßen.
Wohl trifft es zu, dass sich der Beklagte als freiberuflicher Sachverständiger i. S. des § 36 Gewerbeordnung bezeichnen kann. Die Berufsbezeichnung „Sachverständiger" ist, wie schon das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat, gesetzlich nicht geschützt. Der Beklagte darf sich auch in seinen Briefköpfen als „bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk", jedenfalls in dem Schriftverkehr bezeichnen, der sich auf die Tätigkeit als Sachverständiger auf dem Sachgebiet der Bestellung erstreckt. Gleichwohl ist der von dem Beklagten verwandte Briefkopf in seiner Gesamtheit - wobei dahingestellt bleiben kann, ob sich der Beklagte unrichtigerweise als „amtlich" bestellter, oder richtig als „öffentlich" bestellter und vereidigter Sachverständiger usw. bezeichnet - unrichtig im Sinne des UWG.
Der Werbende muss seine Angaben so gegen sich gelten lassen, wie sie von einem flüchtigen und unbefangenen Durchschnittsleser verstanden werden (Baumbach/Hefermehl § 3 UWG Anm. 13 und 15). Es ist von einer ungezwungenen und meist flüchtigen Gesamtwürdigung des Lesers auszugehen.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint das Werbeangebot des Beklagten, in dem er seine Dienste als freiberuflicher Sachverständiger anbietet, dann günstiger, wenn er hinzufügt, dass er von der Handwerkskammer H. zum Sachverständigen für das Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk bestellt und vereidigt worden ist, als wenn er sich lediglich als freiberuflicher Sachverständiger bezeichnet. Beim flüchtigen und ungezwungenen Leser des Gesamtbriefkopfes wird der Eindruck erweckt, der Beklagte sei aufgrund des Umstandes, dass er von irgendeiner Kammer - dem flüchtigen Leser fällt auch nicht auf, ob die Bestellung durch eine Industrie- und Handelskammer erfolgt ist - zum Sachverständigen bestellt und vereidigt worden ist, besonders vertrauenswürdig. Sein Angebot bekommt ein größeres Gewicht gegenüber dem Mitbewerber, der sich lediglich als freiberuflicher Sachverständiger bezeichnet.
Durch sein Verhalten hat der Beklagte aber auch im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegen die guten Sitten verstoßen (§ 1 UWG). Es widerspricht dem Leistungsprinzip, wenn persönliche, mit dem Bereich der gewerblichen Leistungen allenfalls nur in losem Zusammenhang stehende Momente im Wettbewerb hervorgehoben werden, um dadurch in Betracht kommende Interessenten zu beeinflussen und ihre freie Willensbestimmung zu beeinträchtigen (Baumbach/Hefermehl; Einleitung UWG Anm. 71 ff, § 1 UWG Anm. 4). Die Erwähnung solcher persönlicher Momente zu Wettbewerbszwecken ist geeignet, Interessenten von der eigentlichen Leistung abzulenken, und damit seine Entscheidung zu verfälschen. Der Beklagte hebt ein solch persönliches Moment auch dann in unzulässiger Weise hervor, wenn er im Zusammenhang mit seiner Berufsbezeichnung auf seine Bestellung zum Sachverständigen durch die Handelskammer auch in Fällen hinweist, in denen er nicht als öffentlich bestellter, sondern als freiberuflicher Sachverständiger tätig wird. Es liegt nahe, dass dann, wenn solch persönliche Momente hervorgehoben werden, sich das Vertrauen der Interessenten dann nicht nur auf die sachliche Prüfung des Angebots gründet, sondern auch auf die sich in der verliehenen Stellung widerspiegelnde Anerkennung. Dieser Auffassung hat auch bereits der Arbeitskreis des Sachverständigenwesens des Deutschen Industrie- und Handelstages Rechnung getragen. Er hat u. a. den Grundsatz erarbeitet, dass Briefbögen mit Aufdrucken, die auf die Bestellung zum Sachverständigen hinweisen, nur im Zusammenhang mit dem Schriftverkehr verwandt werden dürfen, der sich auf die Tätigkeit des Sachverständigen auf dem Sachgebiet der Bestellung erstreckt."