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2 Ds 39/66 - Amtsgericht (-)
Entscheidungsdatum: 12.10.1966
Aktenzeichen: 2 Ds 39/66
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Norm: § 49m StGB
Gericht: Amtsgericht Duisburg-Ruhrort
Abteilung: -

Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort

vom 12. Oktober 1966

Zum Tatbestand:

Der Angeklagte trat als verantwortlicher Schiffsführer des MS „X" in Emmerich gegen 10.30 Uhr die Bergfahrt an, nachdem er zwischen 6.30 und 10.30 Uhr mehrere Flaschen Bier getrunken hatte. Bei km 808 fiel sein Fahrzeug gegen 15.30 Uhr durch eigenartige Fahrweise einem Streifenboot der WSP mit den Zeugen A, B, C und D auf. Er setzte die blaue Flagge nicht, als dies einem talfahrenden MS gegenüber geboten gewesen wäre, und fuhr sodann in den einem Talschleppzug durch Setzen der blauen Flagge gewiesenen Kurs hinein. Nur durch Einschreiten der schon an Bord gekommenen Beamten B und C konnten Kollisionen im letzten Augenblick vermieden werden. Eine daraufhin um 17.05 Uhr entnommene Blutprobe ergab - zurückgerechnet auf 15.30 Uhr - einen Blutalkoholgehalt von 1,7 bis 1,8 Promille.
Der Angeklagte wurde aufgrund dieses Sachverhalts, unter Aussetzung der Strafe zur Bewährung auf drei Jahre, rechtskräftig zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt.

Das Gericht hat in den Gründen u. a. folgendes festgestellt:

Der Angeklagte hat durch sein Verhalten den Straftatbestand des § 315 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB erfüllt. Er hat ein Schiff geführt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen und dadurch zumindest fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Der Angeklagte war bei dem festgestellten Blutalkoholgehalt von 1,7 %o nicht mehr fahrtüchtig. Seine Fahruntüchtigkeit ergibt sich insbesondere auch aus seiner Fahrweise. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der grob fahrlässige Verstoß des Angeklagten gegen §§ 38 Abs. 1 und 37 Abs.2 RhSchPVO auf den genossenen Alkohol zurückzuführen war. Dies lässt sich besonders daran erkennen, dass der Angeklagte, obwohl inzwischen die Polizeibeamten an Bord gekommen waren, sich zweimal hintereinander eines groben nautischen Verstoßes schuldig machte.

Der Angeklagte hat fahrlässig gehandelt und die Gefahr fahrlässig verursacht. Er wusste, wieviel und dass er Alkohol getrunken hatte. Er hätte erkennen können und müssen, dass er infolgedessen nicht mehr in der Lage war, sein Fahrzeug sicher zu führen. Ebenso naheliegend war es für ihn, dass es infolge der alkoholischen Beeinflussung zu einer Gefährdung anderer Fahrzeuge kommen konnte und musste.
Nach alledem ist der Angeklagte zu bestrafen. Strafmildernd ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bisher noch nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist. Auch ist durch sein Verhalten über die bloße Gefährdung hinaus weiterer Schaden nicht eingetreten. Andererseits spielt der Straftatbestand der Trunkenheit am Ruder in der Binnenschifffahrt nicht die Rolle, wie etwa die Trunkenheit am Steuer im Straßenverkehr. Der erkennende Richter verfügt über besondere Sachkenntnisse auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt aus seiner Eigenschaft als Rheinschifffahrts- und Binnenschifffahrtsrichter. Ihm ist bisher nicht bekannt geworden, dass betrunkene Schiffsführer derart häufig anzutreffen sind, wie etwa betrunkene Autofahrer. Die Abschreckung anderer vor Begehung ähnlicher Taten verlangt deshalb nicht unbedingt Sühne der Tat des Angeklagten durch eine Freiheitsstrafe. Wohl ist dies erforderlich aus Gründen der Abschreckung des Angeklagten. Dieser hat bedenkenlos erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen, obwohl er noch wußte, dass er fahren mußte. Die darin zu erkennende Verantwortungslosigkeit gebietet es, die Tat des Angeklagten mit einer Freiheitsstrafe zu sühnen.

Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass es gerechtfertigt ist, die erkannte Freiheitsstrafe gemäß § 23 Abs. 1 und 2 StGB zur Bewährung auszusetzen, damit der Angeklagte durch gute Führung während der Bewährungszeit Straferlass erlangen kann. Das öffentliche Interesse steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte bis auf die Vorstrafen wegen Abgabehinterziehung, die schon längere Zeit zurückliegen, unbescholten ist.

Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Entziehung der Erlaubnis des Angeklagten zum Führen von Rheinschiffen auf deutschem Rheinstromgebiet sowie die Eintragung dieser Entziehung in das Patent des Angeklagten sind gesetzlich nicht zulässig. Die Bestimmung des § 42 m StGB lässt die Entziehung der Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholgenuss nur dann zu, wenn es sich um ein Fahren im Straßenverkehr, nicht jedoch im Schiffsverkehr gehandelt hat."