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2 U 97/59 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 03.11.1959
Aktenzeichen: 2 U 97/59
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Haftung des Binnenschifffahrts-Lotsen

 

Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts

Schifffahrtsobergericht 

vom 3.11.1959

2 U 97/59


Die nautische Führung eines Binnenschiffes obliegt dem Lotsen gem. § 2 Ziff. 1 und 4 der Binnenschifffahrts-Straßenordnung vom 19. Dezember 1954 (BGBI. 11 S. 1137). Er trägt die Verantwortung, wenn seine Hinzuziehung gem. § 1 der Verordnung über Befähigungszeugnisse in der Binnenschifffahrt vom 15. Juni 1956 BGBl. 11 S. 722 ff.) zwingend vorgeschrieben ist.
Steht der Lotse am Steuer eines mit einer Linksruderanlage ausgestatteten MS, die die Eigenart besitzt, dass bei Drehung des Steuerrades das Ruder jeweils in entgegengesetzter Richtung schlägt, so haftet er für die Schäden, die dem Motorschiff durch einen Zusammenstoß mit einem Brückenpfeiler entstehen, der dadurch verursacht wurde, dass der Lotse an die Eigenart der Linksruderanlage nicht gedacht und daher das Steuerrad nach links statt nach rechts gedreht und so den Unfall verursacht hat.
Der Lotse kann sich auf die im Arbeitsrecht entwickelte Rechtsprechung, dass bei sog. gefahrengeneigter Arbeit der Arbeitgeber im Innenverhältnis für Folgen leichter Fehlgriffe allein zu haften hat, nicht berufen. Diese aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers abgeleitete Rechtsprechung gilt nur für Arbeitsverhältnisse, d. h. bei abhängigen Dienstverhältnissen, nicht aber bei jedem Dienstvertrag schlechthin. Der Lotse ist kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts, sondern freiberuflich tätig. Er hat in eigener Verantwortung auftragsgemäß das Schiff an das Ziel zu führen, und er wird ebenso wenig wie ein selbständiger Handwerker oder ein Frachtführer bei Annahme eines Auftrages zum Arbeitnehmer.
Für die Binnenschifffahrt entfällt die Anwendbarkeit der Rechtsprechung über Schäden im Rahmen gefahrgeneigter Arbeiten auch wegen der besonderen Haftungsbestimmungen, wie sie z. B. in § 7 BSchG für den Schiffsführer verankert sind. Für den Lotsen als Hilfsschiffsführer kann nichts anderes gelten. Er haftet wie der Schiffsführer für jedes Verschulden (Vortisch-Zschucke, 2. Aufl. § 7 Anm. 3);