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200.075.618/01 - Rechtbank (Sektor Zivilrecht)
Entscheidungsdatum: 28.04.2011
Aktenzeichen: 200.075.618/01
Entscheidungsart: Verfügung
Sprache: Deutsch
Gericht: Rechtbank Den Haag
Abteilung: Sektor Zivilrecht

Verfügung des Gerichtshof Den Haag

Bereich Zivilrecht

Aktenzeichen: 200.075.618/01

gerichtl. Aktenzeichen : 353798 / HA RK 10-84

Haftungsbeschränkung Binnenschiff Margreta (Sachfonds) vom 28. April 2011 

Im Namen der Königin

Das Verfahren:

Mit dem in der Geschäftsstelle des Gerichtshofs am 19. Oktober 2010 eingegangenen Antrag (mit Beweismitteln) hat S gegen die Verfügung des Gerichts Rotterdam vom 22. September 2010 auf den prozesseinleitenden Antrag von H Berufung eingelegt. S hat gegen die Verfügung drei Berufungsgründe vorgetragen. Am 7. Februar 2011 ist in der Geschäftsstelle des Gerichtshofs eine Klagebeantwortung von H (mit Beweismitteln) eingegangen. H hat dem Gerichtshof am 28. März 2011 eine Faxnachricht zukommen lassen. Am 29. März 2011 hat in der Sache eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Rechtsanwälte der Parteien haben sich darin anhand vorgelegter (Verteidigungs-) Schriften zu Wort gemeldet. Des Weiteren haben sich namens der Beteiligten V.O.F. I, I und B, Mr. R Rechtsanwalt in Rotterdam, und namens der Beteiligten Mr. D, Rechtsanwalt in Rotterdam, zu Wort gemeldet. Die Parteien haben sich damit einverstanden erklärt, dass der Gerichtshof seine Entscheidung auf der Grundlage der Akten, die S im Hinblick auf die mündliche Verhandlung vorgelegt hatte, trifft.

Entscheidungsgründe in der Berufung:

1.1 Am 11. Januar 2009 ist es auf dem Hollandsch Diep in der Nähe von Moerdijk zu einer Kollision zwischen dem Binnenschiff MS »Margreta« (im Nachfolgenden »Margreta« genannt) und dem Seeschiff MS »SichemAnne« gekommen. Infolge dieser Kollision sind neben Schäden an beiden Schiffen auch Schäden an den an Bord der Margreta beförderten Containern und an der beförderten Ladung entstanden.

1.2 Zum Zeitpunkt der vorgenannten Kollision war die Margreta Eigentum der V.O.F. I und ihrer Gesellschafter I und B in Zwolle (im Nachfolgenden gemeinsam »I« genannt) und war die »R«. in Zwijndrecht (im Nachfolgenden »R« genannt) der (Zeit-)Bevrachter der Margreta.

1.3 Mit Verfügung vom 28. Oktober 2009 hat das Gericht auf Antrag von I den Betrag, auf den I ihre Haftung aufgrund des durch die Kollision entstandenen Sachschadens beschränken kann, auf 1.215.073 Rechnungseinheiten festgesetzt. Ferner wurde I gerichtlich aufgefordert, in Höhe dieses Betrags einen Fonds zu stellen. Daraufhin hat I für die Margreta einen Sachfonds gebildet.

1.4 Mit Verfügung vom 12. Mai 2010 hat das Gericht auf Antrag von R die Haftung von R auf den in Entscheidungsgrund 1.3 genannten Umfang beschränkt mit der Maßgabe, dass der von I gestellte Sachfonds auch als von R gestellt zu betrachten sei.

1.5 Mit der angefochtenen Verfügung vom 22. September 2010 hat das Gericht auf Antrag von H die Haftung von H auf den in Entscheidungsgrund 1.3 genannten Umfang beschränkt mit der Maßgabe, dass der von I gestellte Sachfonds auch als von H gestellt zu betrachten sei. Das Gericht hat dabei – zusammengefasst – erwogen, dass ein Slot- Charterer seine Haftung beschränken könne und dass das Rechtsverhältnis zwischen H und R einem Teil(unter)zeitbevrachtungsvertrag gleichgestellt werden könne.

2. Der Antrag von S ist innerhalb der Berufungsfrist in der Geschäftsstelle des Gerichtshofs eingegangen. Die Berufung von S ist zulässig.

3. In der Berufung beantragt S die in Entscheidungsgrund 1.5 genannte Verfügung aufzuheben und den prozesseinleitenden Antrag von H nachträglich abzuweisen. S zufolge kann H ihre Haftung nicht beschränken, da (i) H kein Slot-Charterer oder eine damit gleichzusetzende Partei sei und (ii) ein Slot-Charterer generell nicht zum Kreis der Beschränkungsberechtigten gehöre. Ersatzweise trägt S vor, dass H nicht zur vollständigen Beschränkung berechtigt sei. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat S vorgetragen, dass ein Slot-Charterer seine Haftung beschränken könne, wenn er – wie im Fall der MSC Napoli [2008] EWHC 3002 (Admlty) – am Betrieb des Schiffes beteiligt sei. Die Unterschiede zwischen dem Fall der MSC Napoli und dem Fall der Margreta seien ihr zufolge jedoch signifikant: (i) es habe sich um ein spezifisches Schiff, die MSC Napoli, gehandelt und pro Reise seien Charterpartien für Slots ausgestellt worden; (ii) es habe sich um einen direkten Vertrag zwischen den Eignern (MSC) und den Slot-Charterern gehandelt; (iii) im Rahmenvertrag sei vereinbart worden, dass die Charter (wieder direkt an MSC) zu zahlen sei, ungeachtet der Frage, ob der Raum genutzt wurde. Die vorgelegte Kooperationsvereinbarung zwischen R und H beziehe sich nicht auf ein oder mehrere bestimmte Schiffe. Bei der Flotte könne es zwischenzeitliche Änderungen geben. Es sei nicht vereinbart worden, dass H auf der Margreta ein bestimmtes Slot habe. Aus § 2.1 gehe hervor, dass sowohl H als auch R getrennt separate Bevrachtungsverträge mit Binnenschiffen abschlössen. Der Kooperationspartner könne dann Raum an Bord des von der anderen Partei gecharterten Schiffes buchen. Wenn die eine Partei eine Fracht auf einem von der anderen Partei gecharterten Schiffes unterbringe, seien die Parteien im gegenseitigen Verhältnis Hauptfrachtführer und Unterfrachtführer (§ 4). Der Vertrag enthalte keine Abnahmeverpflichtung. Der Vertrag enthalte keine Vereinbarung über die Vergütung, welche die Parteien einander im Falle einer Nichtbenutzung bestimmter Containerplätze zu zahlen hätten. H trage keinerlei Risiko beim Betrieb der Margreta und sei auf keinerlei Weise in den Betrieb der Margreta involviert. Die anderslautende Erklärung von L von H werde bestritten, weil sie nicht überprüft werden könne. Darüber hinaus sei L Zeuge in eigener Sache. Die Margreta stehe R als Charterer zur Verfügung. Gleichzeitig habe R gegenüber H zudem die vertragliche Verpflichtung, an Bord ihrer im Linienverkehr eingesetzten Schiffe Raum anzubieten. H habe die Verfügung somit nicht auf der Grundlage einer Geschäftsbeziehung mit der Margreta, sondern auf der Grundlage des Übereinkommens mit ihrem Vertragspartner R. Die Erklärung von I, dem Schiffsführer der Margreta, sei folglich plausibel. H habe keine Kontrolle über die Margreta. Sie sei an den Fahrplan aus der Charterpartie zwischen I und R gebunden und könne die Margreta beispielsweise nicht nach Basel fahren lassen.

4.1 In der mündlichen Berufungsverhandlung trägt H vor, dass nähere Tatsachenermittlungen ergeben hätten, dass ihr von R nicht nur ein Teil, sondern das ganze Schiff zur Verfügung gestellt worden sei. Laut eigenen Angaben ist H daher auch de facto als (Unter-)Zeitbevrachter der Margreta aufgetreten und auch in dieser Eigenschaft beschränkungsberechtigt. Sie wünscht den Sachverhalt wie folgt zu ergänzen und zu präzisieren. H und R bildeten seit 1992 (bis 2003 mit noch zwei weiteren Parteien) im Bereich des Containertransports per Binnenschiff eine Arbeitsgemeinschaft unter dem Name C Niederrhein (im Nachfolgenden »C« genannt). Gegenstand dieser Arbeitsgemeinschaft sei die gemeinsame Versorgung verschiedener Terminals am Niederrhein über die Seehäfen Rotterdam und Antwerpen gewesen, um eine höhere Produktivität und Auslastung sowie Vorteile im Einkauf zu erzielen. H und R hätten die zwischen ihnen geltenden Vereinbarungen in einer Kooperationsvereinbarung / samenwerkingsovereenkomst festgelegt. Zum Zeitpunkt der Kollision habe die Fassung dieses Vertrags mit dem Titel Kooperationsvereinbarung C 2003 gegolten. In der Praxis habe H den Linienverkehr aus Antwerpen und R den Linienverkehr aus Rotterdam zu den vier festen Zielterminals von C … unterhalten. Für die eigentliche Beförderung seien mit Binnenschiffern Charterverträge mit langer Laufzeit geschlossen worden. Diese Schiffer hätten ihr Schiff für längere Zeit zur Verfügung gestellt. Die Charterverträge seien wegen ihrer guten Kontakte in der niederländischen/ belgischen Binnenschifffahrt von R geschlossen worden. Sie habe die Verträge zwar auf eigenen Namen, aber für C abgeschlossen. Die Schiffe seien auf der Linie Antwerpen oder der Linie Rotterdam eingesetzt worden und hätten H und R in vollem Umfang zur Verfügung gestanden. Lediglich im Hinblick auf das finanzielle Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeiten hätten sie im Voraus eine Verteilung vereinbart, die in der Quotenregelung festgelegt worden sei. Für das Jahr 2009 seien als Quote 57,5 % für R und 42,5 % für H vereinbart worden. In der Praxis hätten zwischen ihnen jeweils zum Monatsende Abrechnungen stattgefunden. Es sei nicht pro Fahrbewegung abgerechnet worden. Beim Liniendienst Antwerpen sei alles von H geregelt worden: das Aufstellen der Ladelisten, des Stauplans und alle bei den einzelnen Fahrbewegungen gehörigen Aufgaben. Falls R hatte, die von/nach Antwerpen befördert werden mussten, habe sie bei H gebucht. Zum Zeitpunkt der Kollision sei die Margreta im Liniendienst Antwerpen gefahren. H habe die Beladung der Margreta organisiert und alles, was für die Reise notwendig war, sei mit dem Schiffsführer geregelt worden. Sie habe dem Schiffsführer direkt Anweisungen erteilt. Diese Tätigkeiten könnten als »Disposition« des Schiffes zusammengefasst werden. Auf der Linie Antwerpen habe H die Disposition der Margreta versehen. Dies werde von A. L von H in seinen zwei schriftlichen Aussagen vom 20. Mai 2010 beziehungsweise 26. Januar 2011 bestätigt. Auch I habe am 2. Februar 2011 schriftlich erklärt, dass die Disposition in den Händen von H lag.

4.2 Durch ihren Rechtsanwalt bestätigt R den von H vorgetragenen Sachverhalt.Sie unterstützt die Darlegung von H. In der Praxis sei hinsichtlich der Margreta, die auf der Linie Antwerpen eingesetzt worden sei, zwischen R und H ein ungeschriebener (Unter-) Zeitbevrachtungsvertrag zustande gekommen. Zwischen den Parteien hätten Abrechnungen stattgefunden, in deren Rahmen die Zahlungen nicht auf der Grundlage der Fracht, sondern auf der Grundlage der Quotenregelung erfolgt seien. Wenn R Kunden für die Linie Antwerpen gehabt habe, habe R bei H gebucht. Sie trägt des Weiteren vor, dass es in der Binnenschifffahrt absolut üblich sei, auf einer festen Linie zu fahren.

4.3 Durch ihren Rechtsanwalt bestätigt I zwar, mit R einen Zeitbevrachtungsvertrag geschlossen zu haben, erklärt jedoch, hinsichtlich der praktischen Durchführung ausschließlich mit H Kontakt gehabt zu haben. Das Verfügungs- und Weisungsrecht habe in vollem Umfang bei H gelegen. Unter diesen Umständen sei H als Unterbevrachter der Margreta zu betrachten. Abschließend weist I darauf hin, dass der Fahrplan eines Binnenschiffes wie die Margreta durch den Umfang des Schiffes begrenzt werde. Die Margreta könne Basel gar nicht anlaufen.

5. Mangels besseren Wissens bestreitet S den in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen Sachverhalt. Die behaupteten »Praxis«-Absprachen zwischen R und H gingen nicht aus der Kooperationsvereinbarung C 2003 hervor und, falls abweichende Vereinbarungen getroffen worden sein sollten, erfüllten diese nicht die in § 7.3 vereinbarte Anforderung der Schriftform und seien ungültig.

6. Hinsichtlich der Frage, ob H berechtigt ist, ihre Haftung für Ersatzforderungen wegen aus der Kollision entstandener Sachschäden zu beschränken, stellt der Gerichtshof folgende Erwägungen an.

6.1 Es gilt das Straßburger Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschifffahrt vom 4. November 1988 (BGBl. 1989, 43, im Nachfolgenden »CLNI« genannt). Für die Niederlande wurde das CLNI in den Artikeln 8:1060 bis 8:1066 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Niederlande (im Nachfolgenden »BW« genannt) ausgearbeitet. Aus diesem Grund sind die in diesen Gesetzesartikeln verwendeten Begriffe vor dem Hintergrund dieses Übereinkommens auszulegen. Das CLNI entspringt großenteils dem Londoner Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen vom 19. November 1976 (BGBl. 1980, 23 und 1984, 31; im Nachfolgenden Londoner Beschränkungsübereinkommen genannt), das sich auf Seeschiffe bezieht. In Artikel 1 CLNI – übernommen in Artikel 8:1060 BW – ist der Kreis der Beschränkungsberechtigten festgelegt. Hierzu gehört unter anderem der Schiffseigentümer (Absatz 1). Der Ausdruck »Schiffseigentümer « bezeichnet »Bevrachter«, Mieter und Verwalter eines Binnenschiffes sowie die Person, in deren Händen die Nutzung eines Binnenschiffes liegt (Absatz 2). Diese Bestimmung stimmt größtenteils mit Artikel 1 Absatz 2 des Londoner Beschränkungsübereinkommens überein: »The term ‚shipowner‘ shall mean the owner, charterer, manager and operator of a sea-going ship«. Die Tatsache, dass das CLNI sich eng an das Londoner Beschränkungsübereinkommen anlehnt, lässt es zu, bei der Auslegung dieser Bestimmung des CLNI und der entsprechenden Bestimmung in Buch 8 BW die Auslegung von Artikel 1 Absatz 2 des Londoner Beschränkungsübereinkommens heranzuziehen. Unter »Bevrachter/Charterer« fallen jedenfalls der Rumpfbevrachter, der Reisebevrachter und der Zeitbevrachter des gesamten Schiffes. Das Gericht hat zu Recht – und ohne, dass dies in der Berufungsverhandlung bestritten wurde – erwogen, dass es, soweit es eine Reise- oder Zeitbevrachtung des ganzen Schiffes betrifft, keinen guten Grund für eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Unterbevrachter gibt. Auch bei der Unterbevrachtung steht das Schiff beziehungsweise die Nutzung des Schiffes im Mittelpunkt; es wird dem Unterbevrachter zur Beförderung von Ladung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus entspricht das Interesse des Unterbevrachters, sich auf eine Beschränkung berufen zu können, dem des »Bevrachters«.

6.2 In ihrer Berufungsschrift erhebt S zwar Einwand gegen das Urteil des Gerichts, dass auch ein Slot-Charterer seine Haftung beschränken könne. Später, in der mündlichen Verhandlung, hat sie diesen Standpunkt jedoch in dem Sinne nuanciert, dass ihrer Ansicht nach in Situationen wie im Fall der MSC Napoli auch der Slot-Charterer die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung haben müsse. Es darf angenommen werden, dass diese Nuancierung auch für »denjenigen gilt, der einen zeitlich befristeten Slot-Chartervertrag für eine bestimmte Anzahl Containerplätze auf einem bestimmten Schiff gegen eine vereinbarte Vergütung, die auch zu zahlen ist, wenn diese Plätze nicht (vollständig) benutzt werden, abschließt.« Jedenfalls hat S das Urteil des Gerichts, dass eine solche Partei ein Beschränkungsrecht hat, nicht begründet bestritten. Darüber hinaus ist dieses Urteil korrekt. In Anbetracht des Zwecks und Tenors des CLNI gibt es keinen guten Grund, diesem Slot-Charterer ein Beschränkungsrecht zu verweigern.

6.3 Ausgehend von dem in der ersten Instanz präsentierten Sachverhalt ist das Urteil des Gerichts, dass H einem Slot-Charterer gleichzustellen ist, korrekt und wohlbegründet. Mit Bezug auf die weitere Vervollständigung des Tatsachenkomplexes im Berufungsverfahren wird in Ergänzung die folgende Erwägung angestellt.

6.4 Die Tatsache, dass R mit Bezug auf die Margreta einen Bevrachtungsvertrag geschlossen hat, wurde nicht bestritten. Daneben wurde in hinlänglicher Weise nachgewiesen, dass R dabei auch für H, mit der sie eine Kooperationsvereinbarung hatte, handelte. Im Rahmen dieses Kooperationsverbands wurden von R für mehrere Schiffe Bevrachtungsverträge geschlossen. Diese gecharterten Schiffe wurden anschließend auf den im Rahmen des Kooperationsverbands unterhaltenen Linien Antwerpen – Deutschland und Rotterdam – Deutschland, bei denen H die Beförderung auf der Linie Antwerpen – Deutschland und R die Beförderung auf der Linie Rotterdam – Deutschland organisierte, eingesetzt. Die Margreta wurde auf der Linie Antwerpen – Deutschland eingesetzt. In der Praxis bedeutete dies, dass H für die Beladung der Margreta Sorge trug (einschließlich Ladelisten / Stauplan) und dem Schiffsführer Anweisungen erteilte, darunter die über Be- und Entladeorte und -zeiten. H hatte somit die Disposition über das gesamte Schiff beziehungsweise den Laderaum. Dies stellt sie auch in der Präsentation der Margreta auf ihrer Website (mit Fotos und Spezifikationen) als Schiff, mit dem sie den Containertransport auf dem Rhein durchführt, dar. Ihr an R verchartertes Schiff war zu diesem Zweck mit Wissen und Zustimmung von I H zur Verfügung gestellt worden. Vergleiche in diesem Zusammenhang die schriftlichen Aussagen von L vom 20. Mai 2010 (»Die Disposition und Betreuung der von/nach Rotterdam im Einsatz befindlichen Schiffe wurde/wird von R versehen, bei den im Verkehr von/nach Antwerpen eingesetzten Schiffen liegt dieses in Händen der H Container-Linie«) und vom 26. Januar 2011(»hiermit bestätigen wir, dass die Schiffsführung des M/S »Margreta« seine Fahranweisungen nur von H bekommen hat. Die Disposition lag ausschließlich in Händen der H. Alle Absprachen wurden direkt zwischen der Dispositionsabteilung der H und der Schiffsführung des M/S »Margreta« getroffen.«) sowie die schriftliche Erklärung von I vom 2. Februar 2011 (»Bijdeze will ik u bevestigen dat wij ten tijde van onze vaart op Antwerpen, d.d. 11-01-09, wij een huur contract hadden met Rhinecontainer, maar dat de dispositie wird verzorgd door H te Duisburg.« [Übersetzung: Hiermit möchte ich bestätigen, dass wir zum Zeitpunkt unserer Reise nach Antwerpen am 11.01.09 zwar einen Chartervertrag mit R hatten, die Disposition jedoch von H in Duisburg geregelt wurde.]). Diese seitens R als korrekt bestätigten Erklärungen wurden von S nicht ausreichend begründet bestritten. Sie bestätigen, dass H die Disposition (das Verfügungs- und Weisungsrecht) über die Margreta hatte. Diese allgemeine Disposition stellt ein Nutzungsverhältnis dar, das dem des Charterers gleichzustellen ist.

6.5 Dass R Interesse an einer Beschränkungsmöglichkeit für H hat, reicht nicht aus, ihre Bestätigung der Darstellungen von H als unglaubwürdig abzuweisen. Denn abgesehen von der Bestätigung von R liegt die von I vor und kommen daneben noch die von S kontrollierbaren Angaben über die Margreta auf der Website von H hinzu. Die derartige Präsentation eines Schiffes, jedenfalls Schiffsraums, setzt ein Nutzungsverhältnis voraus, das über das eines willkürlichen Absenders hinausreicht. Dass in der schriftlichen Kooperationsvereinbarung zwischen H und R keine Schiffe mit Namen und somit auch nicht die Margreta genannt werden und dort in Teilen eine von der Praxis abweichenden Regelung aufgeführt wird, gibt ebenso wenig Anlass, einen näheren Nachweis des von H geschilderten Geschäftsablaufs zu verlangen; wie gesagt, wird dies in ausreichender Weise durch die Aussagen seitens R und I sowie durch die Präsentation der Margreta durch H auf ihrer Website bestätigt. Auch der von S vorgetragene – jedoch von H zum Teil bestrittene – Umstand, dass H nicht von dem im Chartervertrag zwischen R und I festgelegten Fahrplan abwich, lässt die Sache nicht in einem anderen Licht erscheinen. Eine solche Abweichung wäre auch nicht naheliegend gewesen, wenn man bedenkt, dass R den Chartervertrag für den Liniendienst, der im Rahmen des Kooperationsverbands mit und durch H betrieben wurde, abgeschlossen hatte. Des Weiteren ist die Darstellung von S, dass H am Betrieb der Margreta kein Risiko trage und darin in keinerlei Weise involviert sei, nicht korrekt. Denn aufgrund des Kooperationsverbands und insbesondere der in diesem Rahmen geltenden Quotenregelung trägt auch H ein finanzielles Risiko hinsichtlich der unzureichenden Nutzung der Ladekapazität der Margreta. Unter diesen Umständen führen die Form der Zusammenarbeit zwischen R und H sowie das Wissen von I um diese Beteiligung von H am Betrieb des Schiffes dazu, dass auch H im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 CNLI beschränkungsberechtigt ist.

6.6 Auch alle weiteren oder anderen Vorträge von S, die in diesen Erwägungen nicht angesprochen wurden, führen nicht zu einem anderen Urteil. Hinsichtlich der von ihr behaupteten Abweichung vom Fall der MSC Napoli wird darüber hinaus noch darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um eine wesentliche Abweichung handelt, wenn man berücksichtigt, dass es im Fall der Margreta nicht um eine Reise-, sondern um eine Zeitbevrachtung ging und H nicht Hauptbevrachter, sondern Unterbevrachter der Margreta war.

6.7 Die Schlussfolgerung lautet, dass die Berufungsgründe nicht stichhaltig sind. Diese Erwägungen führen dazu, dass die angefochtene Verfügung zu bestätigen ist. Die Qualifikation von H als (Unter-)Zeitbevrachter, die im Berufungsverfahren mit dem auf unzureichende Weise bestrittenen Tatsachenkomplex verbunden ist, führt zu dem gleichen Ergebnis, zu dem das Gericht gekommen ist. Als unterlegene Partei hat S die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Entscheidung:

Der Gerichtshof:

- bestätigt unter Ergänzung von Gründen die Verfügung des Gerichts Rotterdam vom 22. September 2010 auf den prozesseinleitenden Antrag von H;

- verurteilt S zur Zahlung der Kosten des Berufungsverfahrens, die auf Seiten von H bis zu dieser Entscheidung auf € 649,- an Auslagen und auf € 2.682,

- an Anwaltshonorar veranschlagt werden.