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276 B - 7/93 - Berufungskammer der Zentralkommission (Rheinschiffahrtsgericht)
Entscheidungsdatum: 18.02.1993
Aktenzeichen: 276 B - 7/93
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Rheinschiffahrtsgericht

Leitsatz:

Sorgt ein Schiffsführer schuldhaft nicht dafür, daß die für die jeweilige Betriebsform oder Einsatzzeit vorgeschriebene Besatzung während der Fahrt ständig an Bord ist (Art. 8 Nr. Ic EV zur RheinSchUO) oder führt er die nach § 14.08 Nr. 2 RheinSchUO vorgeschriebene Bescheinigung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Vorschriften nach § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO nicht an Bord mit (Art. 8 Nr. 1 o EV zur RheinSchUO), handelt er im Sinne des § 7 Abs. 1 BinSchAufgG ordnungswidrig. Die in § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO vorgeschriebene technische Ausrüstung der Schiffe ist für die Stärke der Mindestbesatzung bestimmend. Fragen nach der Zweckmäßigkeit der Besatzungsvorschriften zu beantworten, gehört nicht zum Aufgabengebiet der Berufungskammer der ZKR.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 18.02.1993

276 B - 7/93

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

 

Am 26. 5. 1991 befuhr der Betroffene mit dem 344,457 t großen MS „B" den Rhein bei km 811 in der Betriebsform A 1. Da die Ausrüstung des Schiffs nicht § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO entsprach - der Betroffene hatte auch keine Bescheinigung nach § 14.08 Nr. 2 RheinSchUO an Bord - fehlte an der Mindestbesatzung der nach § 14. 12 RheinSchUO vorgeschriebene zusätzliche Matrose. Gegen den Betroffenen erging ein Bußgeldbescheid über DM 400,- -, weil er eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Artikels 8 Nr. 1 c, o der EV zur RheinSchUO begangen habe. Der Betroffene hat gegen den Bescheid form- und fristgerecht „Widerspruch" eingelegt. Auf diesen Rechtsbehelf hat das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort ihm am 31. 10. 1991 wegen der genannten Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von DM 300,- -verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen: 

„1. § 14.09 RheinSchUO schreibt für Motorschiffe bis 70 m Länge, die in der Betriebsform A 1 eingesetzt sind, eine Mindestbesatzung von einem Schiffsführer und einem Matrosen vor. Mit dieser Besatzung darf das Schiff allerdings nur fahren, wenn es die in § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO betriebliche Ausrüstung hat; ist das nicht der Fall, so muß die Mindestbesatzung um einen Matrosen erhöht werden (§ 14.08 Nr. 1 RheinSchUO). Ob ein Schiff die (Ausrüstungs-) Vorschriften nach § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO erfüllt oder nicht erfüllt, wird von der Untersuchungskommission in einer Bescheinigung festgehalten (§ 14.08 Nr. 2 Satz 1 RheinSchUO); diese muß sich an Bord befinden (§ 14.08 Nr. 2 Satz 2 Rhein- SchUO). Sorgt ein Schiffsführer schuldhaft nicht dafür, daß die für die jeweilige Betriebsform oder Einsatzzeit vorgeschriebene Besatzung während der Fahrt ständig an Bord ist, so handelt er ordnungswidrig im Sinne des § 7 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsaufgabengesetzes (Art. 8 Nr. 1 c EV zur RheinSchUO). Gleiches gilt, wenn er schuldhaft entgegen § 14.08 Nr. 2 Satz 2 RheinSchUO die dort genannte Bescheinigung nicht an Bord mitführt (Art. 8 Nr. 1 o EV RheinSchUO).

2. Der Betroffene hat gegenüber der Wasserschutzpolizei angegeben, alle Bedingungen nach § 14.08 RheinSchUO erfüllt zu haben, „bis auf die geforderte optische Anzeige im Maschinenraum". Deshalb hätte er sein Schiff nicht lediglich mit der Mindestbesatzung von einem Schiffsführer und einem Matrosen fahren dürfen, sondern einen weiteren Matrosen an Bord nehmen müssen (vgl. § 14.08 Nr. 1 b, § 14.12 Abs. 1 RheinSchUO). Daß er das schuldhaft unterlassen hat, stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (Art. 8 Nr. 1 c EV zur RheinSchUO). Eine solche ist nach Art. 8 Nr. 1 o EV zur RheinSchUO ferner darin zu sehen, daß sich, wie die Wasserschutzpolizei bei ihrer Kontrolle des MS „B" festgestellt hat, die in § 14.08 Nr. 2 Satz 1 RheinSchUO vorgesehene Bescheinigung der Untersuchungskommission entgegen § 14.08 Nr. 2 Satz 2 RheinSchUO nicht an Bord des Schiffes befunden hat. Das alles hat auch der Betroffene nicht bezweifeln können. So heißt es in seiner Berufungsschrift wörtlich: „Da ich gegen ein geltendes Gesetz verstoßen habe, bin ich mit dem mir auferlegten Strafmaß einverstanden".

3. Nun hat der Betroffene in seiner Berufungsschrift allerdings weiter bemerkt, daß er „mit der Berufung an die Zentralkommission endlich eine kompetente Stelle erreichen will, die mir eine befriedigende Antwort darauf geben kann, warum Schiffe unter 500 t in den §§ 14.08 - 14.09 gegenüber größeren Schiffen so stark benachteiligt werden". Die Beantwortung dieser Frage, welche die Zweckmäßigkeit einer oder mehrerer von der Rheinzentralkommission im Rahmen ihrer Vertragszuständigkeit erlassenen Regelungen (vgl. Art. 45 Abs. 1 Buchst. b der Mannheimer Akte) betrifft, gehört aber nicht zum Aufgabengebiet der Berufungskammer. Dieses umfaßt allein „die Entscheidung in den bei ihr eingelegten Appellationen gegen die Erkenntnisse der Rheinschiffahrtsgerichte" (Art. 45 Abs. 1 Buchst. c, Art. 45 bis Abs. 1 der Mannheimer Akte). Im übrigen übersieht oder Betroffene, daß die im Jahre 1988 in die RheinSchUO eingefügte Regelung des § 14.09 zur Mindestbesatzung der Motorschiffe an die Schiffslänge anknüpft, wogegen die zuvor seit 1976 geltende Regelung zur Besatzung der Motorschiffe (§ 14.05 RheinSchUO a.F.) von der Tragfähigkeit der Schiffe ausgegangen ist, ferner seit diesem Zeitpunkt bis zum Jahr 1988 nicht wenige Fortschritte in der technischen Ausrüstung der Schiffe gemacht worden sind, die Änderungen hinsichtlich der Mindestbesatzung in einzelnen Fällen erlaubten....."


Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994- Nr.1/2 (Sammlung Seite 1456 f.); ZfB 1994, 1456 f.