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3 U 108/96 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 06.06.1997
Aktenzeichen: 3 U 108/96
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Eine vertragswidrig veranlaßte Beladung eines Schubleichters muß unverzüglich wieder rückgängig gemacht werden. Für die Zeit bis zur Löschung der Ladung besteht ein Anspruch auf Liegegeld gemäß §§ 30, 31 BSchG.

Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln

vom 6.6.1997

3 U 108/96

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin erhielt am 30. November 1995 von der Beklagten den Auftrag zur Durchführung eines Transportes gebrauchter Reifen von Germersheim nach Antwerpen. Dabei wurden als besondere Transportbedingungen, wie sie die Klägerin bereits in einem Telefaxschreiben vom 29. November 1996 bekannt gegeben hatte, vereinbart, daß die Beladung des Schiffes mit Reifen nicht erfolgen durfte, bis ihr bestimmte Unterlagen bzw. Dokumente vorlagen und sie nach Prüfung der Papiere ihr Einverständnis mit der Beladung erklärte.

Zu dem vereinbarten Ladungstermin, am Montag den 04. Dezember 1995, ließ die Klägerin den für den Transport vorgesehenen Schubleichter an der vorgesehenen Ladestelle vorlegen. Der Umschlagsbetrieb begann mit dem Beladen des unbemannten Leichters, obwohl die vereinbarte Dokumentenvorlage nicht erfolgt war und die Klägerin auch kein Einverständnis mit der Beladung erklärt hatte. Der Leichter wurde zu etwa einem Drittel beladen, bevor die Reederei dies bemerkte und die weitere Beladung unterband.
In der Folgezeit wurden trotz mehrmaliger an die Beklagte gerichteter Aufforderungen weder die für den Transport erforderlichen Genehmigungen und Unterlagen beschafft noch der Leichter wieder entladen. Erst am 13. Februar 1996, 12.00 Uhr, war der Leichter leergestellt.
Die Klägerin verlangt mit der Klage von der Beklagten das in dem Vertrag vorgesehene tägliche Liegegeld.

Das Schiffahrtsgericht hat der Klage gemäß §§ 30, 31 BSchG i. V. m. dem geschlossenen Vertrag stattgegeben, weil allein die Beklagte es zu vertreten habe, daß der Leichter teilbeladen worden sei, obwohl die geforderten Unterlagen nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin treffe auch kein Mitverschulden wegen der Vorlage des Leichters an der Ladestelle. Hierzu sei sie aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen vorleistend verpflichtet gewesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Das Schiffahrtsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender und nichtergänzungsbedürftiger Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, stattgegeben. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung.

Der von der Beklagten vorgenommenen Interpretation, daß die „Besonderen Vereinbarungen" auch zu ihrem Schutz bestimmt gewesen seien, kann schwerlich gefolgt werden, weil sie sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Zusammenhang erschließt und auch nicht mit entsprechendem, unter Beweis gestelltem Sachvortrag begründet ist, der den Schluß erlaubt, die Klägerin habe die Verantwortung für ein vertragswidriges Verhalten der Vertragspartner der Beklagten mittragen wollen.

Daß die Klägerin zur Vorlage des Leichters an der Verladestelle zu dem betreffenden Zeitpunkt verpflichtet war, ist bereits in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt worden. Es bestand für die Klägerin auch keine Verpflichtung, den Leichter zunächst nur in die Nähe der Verladestelle zu legen. Ganz abgesehen davon, daß ein späteres Verholen, soweit dies ohne weiteres ohne Schubboot überhaupt hätte erfolgen können, zumindest zeitaufwendig gewesen wäre, bestand zu einem derartig umständlichen Vorgehen überhaupt keine Veranlassung. Vielmehr durfte die Klägerin angesichts der eindeutigen Absprachen darauf vertrauen, daß ohne ihre ausdrückliche Zustimmung nicht verladen wurde....

Auch der Vorwurf, der Leichter sei ohne Besatzung gewesen, ist nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn man die Notwendigkeit einer Besatzung bei einem abgelegten Leichter bejahen wollte, so doch allenfalls aus Sicherheitserwägungen. Im Zusammenhang mit der Beladung wird ein Bargenmann aber erst zur Beladung erforderlich und nicht schon vorher zur Verhinderung einer beabsichtigten vertragswidrigen Beladung.

Schließlich ist der Beklagten auch entgegenzuhalten, daß es - wollte man der von ihr vertretenen Auffassung folgen - nicht auch Risiko der Klägerin gewesen sein kann, daß die Ladung auf ihren Protest in der Folgezeit nicht wieder gelöscht wurde. Es war allein Sache der Beklagten, in wirksamer Weise dafür Sorge zu tragen, daß die durch ihre Vertragspartner vertragswidrig veranlaßte Beladung unverzüglich wieder rückgängig gemacht wurde...."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1998 - Nr.20 (Sammlung Seite 1709); ZfB 1998, 1709