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3 U 115/67 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 20.10.1967
Aktenzeichen: 3 U 115/67
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zur Geltendmachung von Expertisegebühren durch den Versicherer eines Geschädigten, wenn dieser während der Verhandlungen der Sachverständigen mit dem Schädiger einen Vergleich schließt und darin alle Ansprüche im wesentlichen als erledigt erklärt werden.

Urteil des Oberlandesgerichts - Schiffahrtsobergerichts Köln

vom 20. Oktober 1967

3 U 115/67

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin ist Versicherin des den Eheleuten V. gehörenden Kahnes M, der bei der Kollision mit dem der Beklagten zu 1 gehörenden und vom Beklagten zu 2 geführten MS N schwer beschädigt wurde. Die Klägerin beauftragte den Experten G. mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Noch während der Verhandlungen zwischen der Klägerin und den Beklagten bzw. deren Versicherungsgesellschaft schlossen die Eheleute V. mit den Beklagten einen Vergleich, nach welchem die Eheleute V. den Betrag von ca. 87 000 fl. zur völligen Erledigung allen Schadens, Zeitverlustes und Kosten - mit Ausnahme gewisser Havarie-grol3eKosten und Inventarschäden - erhielten. Die Klägerin verlangt ihrerseits nunmehr Ersatz der Expertisegebühren des Experten G. in Höhe von 1 484 DM.
Die Klage wurde in beiden Instanzen abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Den Schiffseigentümern stand, da nicht sie selbst, sondern die Klägerin aufgrund des von ihr erteilten Auftrages zur Zahlung der Expertisegebühren verpflichtet war, ein Anspruch auf Erstattung der Kosten gegen die Beklagten nicht zu. So konnten die Schiffseigentümer auch nicht bei dem mit den Beklagten am 22. Dezember 1964 abgeschlossenen Vergleich einen Verzicht auf die Erstattung weiterer Kosten gegenüber den Beklagten aussprechen; ihr stand nämlich ein solcher weiterer Kostenerstattungsanspruch wegen der Expertisegebühren nicht zu.
Zwar haben die Beklagten durch den Abschlug des Vergleichs am 22. Dezember 1964 zum Ausdruck gebracht, daß sie allen Schaden, den Zeitverlust und die Kosten, die auf dem SK „Maria" infolge des Schadensereignisses entstanden waren, erledigen wollten, und es ist weiter eindeutig, daß die Klägerin den Experten nur zur Feststellung der Schäden am Kahn M beauftragt hatte, doch kann daraus nicht auf eine weitere Zahlungsverpflichtung der Beklagten geschlossen werden.
Die Beklagten haften aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung - ihre Verpflichtung zur Schadensersatzleistung unterstellt - nicht für jeden von dem Schadensereignis veranlagten Schaden, sondern sie sind aus dem Schadensereignis nur dem unmittelbar Geschädigten, nicht aber dem mittelbar Geschädigten gegenüber zur Schadensersatzleistung verpflichtet. Zu diesen unmittelbar Geschädigten gehört jedoch die Klägerin nicht; durch das Schadensereignis ist sie nämlich deshalb nicht unmittelbar geschädigt, weil durch eine - im vorliegenden Falle unterstellten - unerlaubten Handlung des Beklagten zu 2) weder ein der in dem § 823 Abs. 1 BGB aufgeführten Rechtsgüter der Klägerin noch ein u. a. zum Schutz der Klägerin erlassenes Gesetz (§ 823, Abs. 2 BGB) verletzt worden ist. Die Klägerin hat erst dadurch einen Schaden erlitten, weil sie aufgrund eines mit den Schiffseigentümern abgeschlossenen Versicherungsvertrages dem Experten G. den Auftrag für die Fertigung einer Schadensfaxe gegeben hat. Eine Anwendung der §§ 3, 4 BSchG. in Verbindung mit § 823 BGB kann daher vorliegend nicht in Betracht kommen.
Die Tatsache, daß die Beklagten trotz des mit den Schiffseigentümern V. abgeschlossenen Vergleichs die Expertisekosten für die Schadensaufnahme an dem SK G und dem Boot Ma gezahlt haben, kann nicht als Hinweis für das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten bezüglich der Expertisekosten des Kahnes M angesehen werden.
Auch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag kann die Klägerin von den Beklagten nicht die Zahlung der Expertisegebühren begehren. Ein solcher Anspruch würde sich nämlich nie direkt gegen die Beklagten als Schadensverursacher richten, da die Klägerin lediglich im Interesse ihrer Versicherungsnehmer, also der Schiffseigentümer und in ihrem eigenen Interesse gehandelt hat, aber nie ein Geschäft der Beklagten wahrnehmen wollte. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag könnte sich daher stets nur gegen die Schiffseigentümer richten. Wenn die Schiffseigentümer schließlich gegenüber der Klägerin die Zahlung der Expertisegebühren verweigert haben, dann kann auch aus diesem Verhalten kein Hinweis für das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin gesehen werden. Ob und in welchem Umfang die Schiffseigentümer gegenüber der Klägerin zur Rückzahlung der Expertisegebühren verpflichtet sind, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Nachprüfung, da die Zahlungsverweigerung der Schiffseigentümer jedenfalls nur ihren eigenen Rechtsstandpunkt erkennen läßt und ohne Bedeutung für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreites ist."