Rechtsprechungsdatenbank

3 U 122/61 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 10.05.1962
Aktenzeichen: 3 U 122/61
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Eine Umschlagsfirma trägt einem Schiffseigner gegenüber die volle Verantwortung für ein sachgemäßes Entladen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich solcher Kranführer bedienen muß, die im Dienste einer Hafenverwaltung stehen.

 

Urteil des Oberlandesgerichts

Schiffahrtsobergerichts

vom 10. Mai 1962

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

3 U 122/61

Zum Tatbestand

An dem der Klägerin gehörenden MS "A" waren bei der Löschung von Kohlen im Hafen der Stadt D (Nebenintervenientin) Greiferschäden entstanden. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1, eine Umschlagsfirma, welche die Löschung für die Empfängerin der Kohle übernommen und sich zu diesem Zwecke der Krananlagen der Nebenintervenientin bedient hatte, sowie gegen den Beklagten zu 2 geltend, der als Kranführer im Dienste der Nebenintervenientin stand. Die Bedienung des Greifers sei unsachgemäß gewesen. Außerdem habe es an der notwendigen Zusammenarbeit zwischen dem Bekl. zum 2 und dem Entladepersonal der Beklagten zu 1 gefehlt.
Die Beklagte zu 1 bestreitet eine Schadensersatzverpflichtung. Ein Verschulden ihrer eigenen Leute liege nicht vor. Der Beklagte zu 2 sei weder ihr Erfüllungs- noch ihr Verrichtungsgehilfe gewesen, da die Nebenintervenientin ein Verlademonopol besitze, das jede Einwirkungsmöglichkeit auf den Beklagten zu 2 ausschließe, der im übrigen sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt gewesen sei.
Der Beklagte zu 2 behauptet, nur auf Anweisung des Entladepersonals der Beklagten zu 1 gehandelt zu haben; von seinem Stand aus habe er das Aufsetzen des Greifers nicht beobachten können.
Die Nebenintervenientin ist der Klägerin beigetreten und vertritt die Auffassung, daß der Beklagte zu 2 als Kranführer lediglich Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1 gewesen sei.
Das Schiffahrtsgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung der Beklagten zu 1 war erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen

Der Schaden ist dadurch eingetreten, daß der Greifer schon beim Einfahren in den Raum 1 an der vorderen Querseite steuerbords mit der oberen Traverse am Herft hängen geblieben ist und dasselbe durch sein Gewicht beschädigt hat. Das war selbstverständlich fehlerhaft; jedenfalls liegt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß dies auch bei sachgemäßer und sorgfältiger Handhabung durch die Beteiligten nicht hätte vermieden werden können.
Es hat aber, wie die Beweisaufnahme ebenfalls klar ergeben hat, an der erforderlichen Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten zu 2) als Kranführer und dem eigentlichen Entladepersonal der Beklagten zu 1) gefehlt. Der Beklagte zu 2) ist, wie zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) unstreitig, ein besonders forscher und schnellarbeitender Mann und fuhr mit seinem Greifer ziemlich selbstherrlich aus und ein. Das mochte unbedenklich sein, solange das jeweils zu greifende Schüttgut, die Kohle, sich mitten im Raume befand. Näherte man sich aber mehr den Seiten des Raumes, so hätte der Kranführer unbedingt sachgemäß eingewiesen, zumindest das Einfahren des Greifers sorgfältig beobachtet und erforderlichenfalls korrigiert werden müssen.
Damit steht das Verschulden sowohl des Beklagten zu 2), der so nicht hätte einfahren dürfen, als auch der Verladearbeiter, die den Schaden durch entsprechende Maisnahmen hätten verhindern müssen, zweifelsfrei fest.
Wie sich aus der Aussage des beteiligten Verladearbeiters B. ergibt, ist man sich auf seiten des Verladepersonals im übrigen auch völlig dessen bewußt gewesen, daß der Kranführer auf die Zusammenarbeit mit ihm angewiesen war und es auch Aufgabe der Verladearbeiter war, Schäden zu verhüten.
Die Beklagte zu 1) haftet gemäß §§ 823, 831 BGB auf jeden Fall für die Fehler ihrer eigenen Leute und könnte sich insoweit nicht einmal entlasten. Selbst ihr Prokurist C. ist sich, wie er als Zeuge bekundet hat, vollkommen über das offenkundige Fehlen an einer straffen Leitung des Entladevorgangs klar gewesen. Diese Leitung aber war gemäß den §§ 13 Ziff. d und 18 Ziff. d der am 16. 3. 1958, also vor dem Unfall in Kraft getretenen Hafenordnung der Stadt D. eindeutig Sache der Beklagten zu 1). Das entsprach auch der Natur der Sache. Wenn man seitens der Beklagten zu 1) die vielleicht allgemein etwas eigenwillige und rigorose Handhabung des Kraneinsatzes durch die Hafenverwaltung bzw. ihre Kranführer hinnahm und wenn sich ihre Verladearbeiter einfach auf den Standpunkt stellten, man könne ein rücksichtsloses Aus- und Einfahren des Greifers nicht verhindern, wie der Zeuge B angegeben hat, so ist das keineswegs entschuldbar. Schon unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Eigentumsschädigung durch unerlaubte Handlung gemäß § 823 und § 831 BGB hatte die Beklagte zu 1) als verantwortliche Umschlagsfirma dem vorlegenden Schiff und dessen Eignerin, der Klägerin, gegenüber die volle Verantwortung für ein sachgemäßes Entladen. Das hat der Senat schon in anderer, ähnlich gelagerter Sache (3 U 171/59) festgestellt. Dieser Verantwortung ist die Beklagte nicht gerecht geworden. Wenn die Tätigkeit der Kranführer nicht ordnungsgemäß war, so mußte die Beklagte bei der Hafenverwaltung für eine Änderung sorgen. Zumindest mußte sie durch entsprechenden Einsatz ihrer eigenen Leute dafür sorgen, dal) durch die Arbeitsweise der Kranführer jedenfalls keine Schäden entstehen konnten.