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3 U 182/99 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 30.06.2000
Aktenzeichen: 3 U 182/99 BSch
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Überschreitet ein Werklohnanspruch (hier wegen der Reparatur einer Ankerwinde) den Betrag einer behaupteten Festpreisvereinbarung, trifft den Unternehmer des Reparaturbetriebs die Beweislast dafür, dass die behauptete bestimmte Vergütung nicht vereinbart worden ist. An diese Negativbeweisführung dürfen aber keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Der Besteller hat die Vereinbarung nach Ort, Zeit und Höhe substantiiert darzulegen; denn nur so wird es dem Unternehmer ermöglicht, die Unrichtigkeit dieser Behauptung zu beweisen.

Urteil des Oberlandesgerichts – Schiffahrtsobergericht – Köln

vom 30.06.2000

– 3 U 182/99 BSch –

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.
Ihr steht ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 3.707,52 DM zu, §§ 631, 632 BGB.
Das Schiffahrtsgericht ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beweislast dafür trifft, dass die vom Beklagten behauptete bestimmte Vergütung nicht vereinbart worden ist. An diese Negativbeweisführung dürfen aber keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Der Besteller hat die Vereinbarung nach Ort, Zeit und Höhe substantiiert darzulegen; denn nur so wird es dem Unternehmer ermöglicht, die Unrichtigkeit dieser Behauptung zu beweisen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 59. Aufl., § 632 Rn. 11; BGH NJW-RR 96, 952).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Schiffahrtsgerichts den Nachweis geführt, dass zwischen den Parteien eine Festpreisvereinbarung über 13.000,00 DM nicht getroffen worden ist Der Beklagte hatte in erster Instanz behauptet, bei Auftragserteilung sei ein maximaler Festbetrag von 13.000,00 DM vereinbart worden. Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Nach den Aussagen der Zeugen  und G hat der erste Kontakt zwischen den Parteien zwischen dem Zeugen B und dem Beklagten stattgefunden. Zunächst war vermutet worden, dass die Hauptbremszylinder der Ankerwinde defekt seien, und der Auftrag ging auf Erneuerung der Hauptbremszylinder. Dabei mag bereits ein Richtpreis von 10.000,00 DM seitens des Zeugen B genannt worden sein, wie dies der Zeuge G bekundet hat. Der Zeuge B will diesen Preis allerdings erst anlässlich eines Gesprächs zwischen ihm und dem Zeugen G bei der Messe genannt haben. Dies kann aber dahinstehen. Bei dem anfänglichen Richtpreis von 10.000,00 DM ist es nämlich unstreitig nicht geblieben. Die Erneuerung der Hauptbremszylinder führte nicht zum Erfolg. Bei den von dem Zeugen G durchgeführten Arbeiten stellte sich nämlich heraus, dass tatsächlich die Antriebswelle defekt war. Die Hauptbremszylinder wurden wieder ausgebaut und ausweislich der Rechnung der Klägerin vom 23.10.1997 auch nicht berechnet.

Der Zeuge G hat bekundet, er habe bei den Reparaturarbeiten, zu denen er mit dem Reparaturboot der Klägerin zu dem Schiff des Beklagten hinausgefahren sei, festgestellt, dass weitere Arbeiten erforderlich waren und der zunächst genannte Preis von 10.000,00 DM nicht ausreichte. Er habe deshalb vom Schiff aus per Handy mit dem Zeugen B telefoniert, der gesagt habe, zu den 10.000,00 DM kämen noch die Kosten für die weiter notwendigen Arbeiten. Dies habe er dem Beklagten berichtet, aber einen entgültigen Preis nicht genannt, weil er auch gar nicht gewusst habe, welcher Aufwand noch erforderlich war. Der Beklagte habe an diesem Tag dann noch nichts entschieden. Am nächsten Tag sei er - der Zeuge - nur beauftragt worden, wieder hinauszufahren, um das Hochziehen der Ankerkette zu ermöglichen, damit das Schiff in die Werkstatt habe fahren können. Danach habe er mit der Sache nichts mehr zu tun gehabt.

Der Beklagte behauptet nunmehr in zweiter Instanz, der Zeuge G habe ihm aufgrund seines Telefonats mit dem Zeugen B erklärt, dass mit maximalen Kosten von 13.000,00 DM zu rechnen sei. Dies hat der Zeuge G aber definitiv ausgeschlossen. Der Senat hält seine diesbezügliche Aussage für glaubhaft. Dem Zeugen kann abgenommen werden, dass er bei der teilweisen Demontage der Ankerwinde den entgültigen Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten noch nicht absehen und deshalb auch noch keinen Festpreis nennen konnte. Die genauere Prüfung sollte erst in der Werkstatt erfolgen, und der Beklagte wollte sich offenbar auch noch überlegen, ob er die holländische Firma in Anspruch nehmen wollte, die seine Ankerwinde kurz vorher „generalüberholt" hatte. Der Zeuge B konnte aufgrund eines bloßen Telefongesprächs mit dem Zeugen ohne die Ankerwinde in teildemontiertem Zustand überhaupt gesehen zu haben, mit Sicherheit auch noch keinen entgültigen Festpreis nennen. Es spricht daher alles dafür, dass der entgültige Auftrag erst am nächsten Tag anlässlich des Werkstattaufenthaltes des Schiffes erteilt worden ist. Dafür spricht auch die Aussage der Zeugin K, die bekundet hat, sie habe, als das Schiff bei der Werft der Klägerin gelegen habe, ein Gespräch zwischen dem Beklagten und einem - von ihr als H bezeichneten Monteur mitbekommen, bei dem dieser einen Preis von 10.000,00 DM bis 12.000,00 DM für die Reparatur genannt habe. Die Zeugin hat im übrigen eingeräumt, dass sie das nicht so genau mitbekommen habe, und konnte auch nicht sagen, ob es sich um einen verbindlichen Preis oder eine bloße Schätzung gehandelt hatte.

Die vom Beklagten behauptete Vereinbarung eines Festpreises von 13.000,00 DM mit dem Zeugen G anlässlich des von diesem ausgeführten Reparaturversuchs außerhalb der Werft ist somit widerlegt. Der Beklagte behauptet selbst nicht, anschließend auf der Werft mit einem der Mitarbeiter der Klägerin eine Festpreisvereinbarung getroffen zu haben.

Hierfür geben auch die unsicheren Angaben der Zeugin K nichts her. Unter diesen Umständen sieht der Senat keine Veranlassung, die von der Klägerin benannten Zeugen zu ihrer Behauptung zu vernehmen, anlässlich der Reparaturarbeiten auf der Werft sei von ihren Mitarbeitern kein Festpreis oder Richtpreis mit dem Beklagten vereinbart worden.

Der Beklagte kann auch aus § 650 BGB nicht zu seinen Gunsten herleiten, dass der ursprünglich genannte Richtpreis von 10.000,00 DM nicht um mehr als 20% überschritten werden dürfe. Die Klägerin ist ihrer Anzeigepflicht nach § 650 Abs. 2 BGB nachgekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge G unmittelbar, nachdem sich herausgestellt hatte, dass tatsächlich das Getriebe defekt war, dies dem Beklagten mitgeteilt und erklärt hat, mit den ursprünglich genannten 10.000,00 DM komme man nicht hin, die zusätzlich erforderlich werdenden Arbeiten müssten auch berechnet werden. Der Beklagte hat danach nicht gekündigt, sondern die weitern Arbeiten auf der Werft der Klägerin durchführen lassen. Der Vergütungsanspruch der Klägerin richtet sich daher nicht nach § 645 Abs. 1 BGB. Vielmehr hat sie Anspruch auf die übliche Vergütung, § 632 Abs. 2 BGB. Unstreitig sind die von ihr in Rechnung gestellten Preise angemessen.

Für einen Schadensersatzanspruch des Beklagten aus culpa in contrahendo oder positiver Forderungsverletzung wegen unzureichender Aufklärung über den Umfang des weiteren Reparaturaufwandes ist nichts dargetan

Nach alledem steht der Klägerin ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 3.707,52 DM zu.

Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 284, 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Beklagten : 3.707.52 DM.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2000 - Nr. 10 (Sammlung Seite 1801 f.); ZfB 2000, 1801 f.