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33 C 218/65 - Amtsgericht (Schiffahrtsgericht)
Entscheidungsdatum: 23.09.1965
Aktenzeichen: 33 C 218/65
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Amtsgericht Hamburg
Abteilung: Schiffahrtsgericht

Leitsatz:

Bei einem Transport von Hamburg nach Neuß gelten die dem Frachtvertrag zugrundegelegten „Verfrachtungsbedingungen für die Elbe" (AVB) nicht nur für den auf der Elbe und ihren Nebengewässern zurückgelegten ersten Teil der Reise, sondern einheitlich für den gesamten Transportweg.

Urteil des Amtsgerichts - Schiffahrtsgericht 

Hamburg vom 23. September 1965 

33 C 218/65

Zum Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Ladungsversicherin Ersatz eines von ihr regulierten Schadens an Gütern, die der Beklagte als Unterfrachtführer mit seinem Schiff von Hamburg nach Neuß beförderte und die er nicht in ordnungsmäßiger Weise gegen Witterungseinflüsse gesichert haben soll. Der Beklagte bestreitet jedes Verschulden, beruft sich im übrigen auf die AVB und erhebt insbesondere die Einrede der Verjährung.
Die Klage wurde kostenpflichtig abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der über die Beförderung ausgestellte Originalladeschein vom 17. September 1963 nimmt auf die auf den befahrenen Wasserstraßen gültigen Verfrachtungs- und Schleppbedingungen Bezug. Das Gericht geht daher davon aus, daß im Rahmen der vertraglichen Beziehungen stets die AVB maßgebend sind.
Hierbei ist es unbeachtlich, daß der Originalladeschein nicht auf die Allgemeinen Verfrachtungsbedingungen für die Stromgebiete der Elbe und der Havel und für deren Nebenflüsse und Kanäle hinweist, sondern lediglich auf die auf den befahrenen Wasserstraßen gültigen Verfrachtungsbedingungen. Da die Ware jedoch von Hamburg nach Neuß hat befördert werden sollen, ergibt sich schon hieraus, daß zu den befahrenen Wasserstraßen auch die Elbe gehört, folglich auch die dort gültigen Verfrachtungsbedingungen, nämlich die eben genannten gültig sein sollen.
Ebenfalls ist es nicht bedeutsam, daß die Beförderung von Hamburg nach Neuß, also über die Elbe nebst Nebengewässern und über den Rhein nebst Nebengewässern erfolgt ist. Maßgebend ist das, was vereinbart ist, und das sind die AVB für die Stromgebiete der Elbe. Es ist gleich anfänglich bestimmt worden, daß die Beförderung von Hamburg nach Neuß hat erfolgen sollen. Für den gesamten Transportablauf sind daher ausschließlich die in Bezug genommenen Bedingungen maßgebend. Man kann den gesamten Transportvorgang nicht in zwei Etappen aufteilen, nämlich a) Elbe und Nebengewässer sowie b) Rhein und Nebengewässer und gleichsam für die erste Teilstrecke die AVB für die Stromgebiete der Elbe und für die zweite Teilstrecke eine andere Vertragsordnung Platz greifen lassen. Schon um klare und sichere Rechtsverhältnisse bei Transportgeschäften zu schaffen, ist ein Nacheinander verschiedener Vertragsordnungen nicht möglich. Es gebietet die Rechtssicherheit, Transportgeschäfte, die wie hier hinreichend fest umrissen sind, auch einheitlich zu behandeln. Da sowohl in dem Befrachtungsvertrag als auch in dem Ladeschein auf die AVB für die Stromgebiete der Elbe hingewiesen worden ist, sind diese Bedingungen zugrundezulegen.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich daher, daß vertragliche Ansprüche gemäß § 112 AVB verjährt sind.
Aber auch die weiteren Ansprüche nach dem Binnenschifffahrtsgesetz und aus unerlaubter Handlung sind verjährt. Zwar sind für Ansprüche nach dem Binnenschiffahrtsgesetz gemäß den §§ 117, 118 BSchG und für Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 852 BGB andere, und zwar längere Verjährungsfristen vorgesehen. Gleichwohl ist aber auch insoweit eine Verjährung eingetreten, weil auch für diese Ansprüche die Verjährungsfrist des § 112 AVB maßgebend ist. Das Schiffahrtsgericht vertritt den Standpunkt, daß die Verhältnisse in der Binnenschiffahrt bei allen Ansprüchen, gleich welcher Norm, eine beschleunigte Abwicklung erfordern, insbesondere, weil eine zuverlässige Prüfung der tatsächlichen Vorgänge nach längerer Zeit häufig nicht mehr möglich ist (Vortisch-Zschucke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht, 2. Aufl., Berlin 1963, Anm. 3b zu § 117 BSchG). Aus diesem Grunde ist die vertraglich vereinbarte kürzere Verjährungsfrist gemäß den AVB auch für diejenigen Ansprüche maßgebend, die sich aus einer anderen Rechtsnorm, wie hier dem Binnenschiffahrtsgesetz oder der unerlaubten Handlung, herleiten."