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371 Z - 16/97 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 03.12.1997
Aktenzeichen: 371 Z - 16/97
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

1) Auch wenn zuvor in einem Berufungsverfahren das Grundurteil eines Rheinschiffahrtsobergerichts erstritten wurde, ist den Parteien der Zugang zur Berufungskammer der Zentralkommission für ein weiteres Berufungsverfahren bezüglich der im Höheverfahren ergangenen Teil- und Grundurteile eines Rheinschiffahrtsgerichts nicht versperrt.
2) Art. 37 Abs. 1 MA regelt nur den Fall der Anrufung verschiedener Berufungsinstanzen gegen ein und dasselbe Urteil. Eine einschränkende Auslegung des Wahlrechts ist nicht vertretbar. Es bleibt erhalten, wenn die Berufungsrechtszüge unterschiedliche Ansprüche betreffen.
3) Einwendungen, über die bereits in dem Berufungsverfahren vor einem Rheinschiffahrtsobergericht entschieden worden ist, sind mit den zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in Rechtskraft erwachsen und der Nachprüfung durch die Berufungskammer der Zentralkommission entzogen.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 3. Dezember 1997

371 Z - 16/97

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 20. Februar 1997 und vom 17. April 1997 - 31 C 105/88 RhSch -)


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Folgen der Anfahrung der damals noch vorhandenen, zum Bundeseisenbahn-Vermögen gehörenden Maxauer Eisenbahnbrücke durch den im Eigentum der Beklagten zu 1 stehenden Koppelverband MS O / MSL P am 9. Juni 1987.

Durch die Anfahrung entstanden Schäden an den Brückeneinrichtungen. Der Koppelverband sank. Die gesunkenen Fahrzeuge wurden von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes im Wege der strompolizeilichen Ersatzvornahme geborgen. Der Zustand der beiden geborgenen Wracks ließ erwarten, daß nur noch MSL P einen Restwert hatte.

Am 25. Juni 1987 vereinbarte das Wasser- und Schiffahrtsamt mit den Beklagten zu 1 und 2 schriftlich, daß die Beklagte zu 1 sofort nach der Bergung die Schiffe oder deren Wrackteile übernehmen und eine einverständliche Schätzung der geborgenen Wrackteile erfolgen solle. Weiter wurde ein Verzicht auf Schiffsgläubigerrechte vereinbart. Bis zur Höhe des Betrages der geretteten Werte sollten die Beklagten zu 1 und 2 die persönliche Haftung in Ablösung der Sicherheit übernehmen, die ein Schiffsgläubigerrecht oder ein anderes an den geretteten Werten bestehendes Recht der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung bot.

Mit Urkunde vom 28. Juli 1987 verbürgte sich die Beklagte zu 3 bis zum Höchstbetrag von 115.000,-- DM für den Verzicht der Klägerin und der Deutschen Bundesbahn auf das Schiffsgläubigerrecht an MSL P. Der Restwert des geborgenen MSL P wurde einvernehmlich auf 115.000,-- DM festgesetzt.

Mit ihrer am 27. Dezember 1988 eingegangenen Klage macht die Klägerin in erster Linie Ansprüche aus dem abgetretenen Recht der Deutschen Bundesbahn, hilfsweise ihre Rechte aus dem Sicherungsaustauschvertrag geltend. Sie hat behauptet, ihr ständen alle Ansprüche der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes und der Deutschen Bundesbahn zu.

Die Anfahrung der Eisenbahnbrücke sei von der Schiffsführung des Koppelverbandes schuldhaft herbeigeführt worden. Bei dem Unfall seien an den Eisabweisern, den Pfeilersicherungen und den Schiffsleiteinrichtungen des zweiten und dritten Brückenpfeilers Schäden in Höhe von 2,5 Millionen entstanden. Im Hinblick auf erlassene Kostenbescheide bestehe sie nicht mehr auf den Schäden an den Leitwerken, sondern nur noch auf Ersatz der von der Deutschen Bundesbahn in Rechnung gestellten Schadensbeträgen. Die Gesamtsumme dieser Kosten betrage 431.000,-- DM, von denen die Deutsche Bundesbahn entsprechend der Haftungsbeschränkung lediglich 115.000,-- DM verlange. Die in der Rechnung der Deutschen Bundesbahn vom 28. Januar 1988 angeführten Kosten seien für folgende havarieursächliche Schäden entstanden:

- Einsatz von Triebfahrzeugen nebst Personal sowie von örtlichem Personal bei verschiedenen Betriebsstellen,
- Schienenersatzverkehr durch Omnibusse über die Straßenbrücke,
- Reparatur der beschädigten Meldeerschütterungsanlage,
- Aufstellung von Langsamfahrsignalen,
- Aufrüstung der Umleitungsstrecke Germersheim/Landau,
- Einsatz von Reparaturfahrzeugen und Umwegkosten.

Weiter würden Betriebserschwerniskosten von 431.000,-- DM nachgeschoben. Da der Unfall durch die Schiffsführung des Koppelverbandes verschuldet worden sei, seien Schiffsgläubigerrechte an dem Schubleichter entstanden, die durch die Parteivereinbarungen in ein persönliche Zahlungsverpflichtungen übergegangen seien.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zur Zahlung von 115.000,-- DM nebst 6,75 % Zinsen seit dem 20.3.1988 und die Beklagte zu 1 ferner zur Rechnungslegung über die Bruttofracht der Unfallfahrt sowie zur Zahlung der nachgewiesenen Bruttofracht nebst 6,75 % Zinsen seit Klageerhebung zu verurteilen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat durch Urteil vom 7. April 1994 die Klage wegen Eintritts der Anspruchsverjährung abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin zum Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe Berufung eingelegt, mit der sie ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 115.000,-- DM nebst Zinsen weiterverfolgt hat. Die Abweisung des Rechnungslegungsverlangens hat die Klägerin nicht angegriffen.

Durch Urteil vom 9. Mai 1995 hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe den Zahlungsanspruch von 115.000,-- DM nebst Zinsen mit der Maßgabe für gerechtfertigt erklärt, daß die Beklagte zu 3 als Bürgin und nicht als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1 und 2 haftet. Im übrigen hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des streitigen Anspruchs hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe die Sache an das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim zurückverwiesen und diesem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens übertragen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe im wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage der Ansprüche der Klägerin seien die wirksamen Abtretungserklärungen der Deutschen Bundesbahn in Verbindung mit den Vereinbarungen der Parteien. Wie die Beklagte zu 3 in ihrer Bürgschaftserklärung selbst darlege, hätten sich die Beklagten zu 1 und 2 für persönlich haftbar erklärt, soweit die Klägerin durch Verzicht auf ihre Schiffsgläubigerrechte einen Ausfall erleide. Für diese möglicherweise bestehenden Ansprüche habe die Beklagte zu 3 die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Die durch die Sicherungsaustauschverträge abgelösten und in persönliche Zahlungsansprüche umgewandelten dinglichen Schiffsgläubigerrechte an MSL P seien wirksam. Die Schiffsführung des Koppelverbandes habe die Anfahrung der Eisenbahnbrücke verschuldet, wie das Schiffahrtsobergericht Karlsruhe in anderer Sache im Urteil vom 28. November 1988 - U 9/88 BSch - festgestellt und was der Bundesgerichtshof in seinem in der Zeitschrift für Binnenschiffahrt 1991, Seite 348 veröffentlichen Beschluß vom 19. November 1988 bestätigt habe. Zwar habe es die Klägerin versäumt, von Anfang an in wünschenswerter Klarheit darzulegen, für welche unterschiedlichen Ansprüche sie die Beklagten in Anspruch nehme, hiervon werde die verjährungsunterbrechende Wirkung der Klageerhebung nicht berührt. Zu diesen nicht verjährten Ansprüchen gehörten alle Ansprüche, die nunmehr für die Haftung der Beklagten herangezogen würden. Da die Klage zur Höhe noch nicht entscheidungsreif sei, - die Klägerin müsse die einzelnen Schadenspositionen substantiieren und unter Beweis stellen, - sei der Rechtsstreit an das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zu übertragen sei.

Die gegen dieses Urteil von den Beklagten eingelegte Revision hat der deutsche Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 8. Juli 1996 - II ZR 155/95 - nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Die Revision könne im Ergebnis auch keinen Erfolg haben.

In dem weiteren Verfahren vor dem Rheinschiffahrtsgericht Mannheim hat die Klägerin ihre Ansprüche näher begründet und Beweise erboten. Die Beklagten haben weiterhin die Aktivlegitimation der Kläger bestritten, erneut die Verjährungseinrede erhoben, die einzelnen Schadenspositionen angegriffen und ausgeführt, bezüglich des MSL P sei kein Schiffsgläubigerrecht entstanden, da dieses Fahrzeug auf Seite des MS O befördert worden sei und den Unfall nicht verschuldet habe.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat durch Teilurteil vom 20. Februar 1997 die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 3 als Bürgin verurteilt, an die Klägerin
52.888,61 DM zu zahlen. Die Beklagten zu 1 und 2 wurden weiter verurteilt, an die Klägerin aus dem vorgenannten Betrag 6,75% Zinsen zu zahlen und zwar die Beklagte zu 1 für den Zeitraum vom 21.3.1988 bis zum 9.1.1989 allein und beide Beklagten ab 10.1.1989 als Gesamtschuldner. In Höhe eines Teilbetrages von 45.235,59 DM wurde die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Teilurteil haben beide Parteien Berufung eingelegt und die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission erbeten. Mit ihren Berufungen verfolgen sie ihre Klageanträge weiter.

Nach Erhebung von Zeugenbeweisen wurden die Beklagten durch Schlußurteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 17. April 1997 in dem vorgenannten Haftungsverhältnis zur Zahlung weiterer 16.875,80 DM und die beiden Erstbeklagten auch noch zur Zinszahlung verurteilt.

Auch gegen dieses Schlußurteil haben die Beklagten Berufung zur Zentralkommission mit dem Ziel einer Abweisung der Klage Berufung eingelegt.

Die Klägerin hat die Ursächlichkeit des Unfalls für die den Gegenstand ihres Anspruchs bildenden Ansprüche näher begründet.

Mit ihren Berufungen rügen die Beklagten die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin, die mangelnde Berücksichtigung der erneut erhobenen Verjährungseinrede, den Ansatz der Reparatur der Wartungsstege der Brücke, sowie den Zinsanspruch. Weiter mache sie geltend, daß sich das Rheinschiffahrtsgericht nicht mit ihrem Vortrag der mangelnden Haftung des MSL P, der fehlenden Adäquanz und der Verletzung der Schadensabwendungspflicht auseinandergesetzt habe. Ferner wiederholen die Beklagten den Einwand der Verwirkung.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 3 als Bürgin verurteilt werden, an die Klägerin weitere 45.235,59 DM zu zahlen und daß die Beklagte zu 1 und 2 weiterhin verurteilt werden, an die Klägerin aus dem Betrag 45.235,59 DM 6,75% Zinsen, und zwar die Beklagte zu 1 für den Zeitraum 21.3.1988 bis 9.1.1989 allein und beide Beklagten ab 10.1.1989 als Gesamtschuldner an die Klägerin zu zahlen haben.

Ferner hat die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Klage abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuverweisen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufungen beider Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Es stehen auch einer Annahme der Berufungen durch die Berufungskammer der Zentralkommission keine Hintergründe entgegen.

In der Sache konnten die Berufungen abgesehen vom Zinsausspruch keinen Erfolg haben.
 

I.


1. Nach Art. 37 Abs. 1 MA können die Parteien, wenn die in dieser Vorschrift angegebene Berufungssumme erreicht ist, gegen das Urteil erster Instanz bei der Zentralkommission (Art. 43) oder bei dem Obergericht des Landes (Art. 38), in welchem das Urteil ergangen ist, Berufung einlegen.

Die Berufungssumme ist hier erreicht.

Die Klägerin hatte jedoch nach Abweisung ihrer Klage durch das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 7. April 1994 Berufung an das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe eingelegt und das Grundurteil dieses Gerichts vom 9. Mai 1995 erstritten. Durch dieses Urteil ist den Parteien nicht der Zugang zur Berufungskammer der Zentralkommission für ein weiteres Berufungsverfahren bezüglich der im Höheverfahren ergangenen Teil- und Grundurteile des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim versperrt.

2. Die Berufungskammer der Zentralkommission hat in zwei Urteilen angenommen, daß die bei der Berufung gegen ein Zwischenurteil getroffene Wahl zwischen der Rheinzentralkommission und dem nationalen Obergericht als Berufungsgericht nicht auch für die Berufung gegen das Schlußurteil über den Betrag wirke (a.A. Wassermeyer, Kollisionsprozeß, 4. Aufl. S. 25; Hofmann, die gerichtliche Zuständigkeit in Binnenschiffahrtssachen, S. 143 ff).

Im Urteil vom 23. Juni 1970 (ZfB 1971 Sammlung Seite 199) hat die Berufungskammer ausgeführt, obwohl bereit in jenem Rechtsstreit gegen ein früher ergangenes Teilurteil des Rheinschiffahrtsgerichts Berufung an das nationale Obergericht eingelegt worden sei, und dieses auch rechtskräftig entschieden habe, sei die Zuständigkeit der Berufungskammer der Zentralkommission für die Berufung der Klägerin gegen das später ergangene Teilurteil des Rheinschiffahrtsgerichts gegeben. Denn die in einem Rechtsstreit ergehenden Teilurteile seien jeweils selbständige, mit einem Rechtsmittel angreifbare Entscheidungen, für die der unterlegenen Partei ein eigenes Wahlrecht nach Art. 37 mindestens dann zugestanden werden müsse, wenn in dem angefochtenen Teilurteil über Ansprüche aus abgetretenem Recht entschieden worden sei. Eine einschränkende Auslegung des in Art. 37 MA vorgesehenen Wahlrechts halte die Berufungskammer nicht für vertretbar, da hierdurch die freie Wahlmöglichkeit, die ein Grundelement der Gerichtsbarkeit in Rheinschiffahrtssachen darstelle, in unbilliger Weise eingeschränkt werden. Auch aus Art. 37 lasse sich eine solche Einschränkung des Wahlrechts nicht entnehmen, da in dieser Vorschrift nach ihrer Entstehungsgeschichte und auch nach ihrem Wortlaut nur der Fall der Anrufung verschiedener Berufungsinstanzen gegen ein und dasselbe Urteil habe geregelt werden sollen.

In diesem Urteil vom 23. Juni 1970 hatte die Berufungskammer über ein Schlußurteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar zu befinden, in dem über erstattete Schäden an einem Fahrgastschiff entschieden worden war. Im selben Rechtsstreit hatte zuvor das Rheinschiffahrtsgericht in einem Teilurteil die Klage wegen Eigenschäden des damaligen Klägers dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Rheinschiffahrtsobergericht hat dann auf die Berufung der Beklagten insoweit die Klage abgewiesen. Die beiden Berufungsrechtszüge betrafen somit unterschiedliche Ansprüche.

In dem Urteil vom 7. Mai 1974 - 26 Z - 4/74 - (ZfB 1974, Sammlung Seite 581, S 85 1975, 54 und Schip & Schade 1975, 54 Damco 161) hat die Berufungskammer der Zentralkommission ihre Auffassung wiederholt und ausgeführt, das durch die Mannheimer Akte gegebene Wahlrecht bezüglich der Berufungsinstanz bestehe mindestens für jeden Berufungsfall, in welchem über jeweils abweichende Ansprüche im gleichen Rechtsstreit zu entscheiden sei.

In diesem Berufungsverfahren vor der Berufungskammer war erstmals in der Sache zu erkennen. Das vorangegangene Berufungsverfahren betraf einen Streit der Parteien über die Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte.

3. Unter ausdrückliche Berufung auf die vorgenannten Urteile der Berufungskammer der Zentralkommission hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe im Urteil vom 27.9.1977 - U 31 RhSch - (abgedruckt in ZfB 1978, Sammlung Seite 662) angenommen, die bei der Berufung gegen ein Zwischenurteil über den Grund getroffene Wahl zwischen der Berufungskammer der Zentralkommission und dem nationalen Obergericht als Berufungsgericht wirke nicht auch für die Berufung gegen das Schlußurteil zur Höhe des Klageanspruchs, weil keine Bindungswirkung der Wahl für das Schlußurteil zur Höhe vorliege. Für einen gegenteilige Ansicht biete die Zuständigkeitsregelung der Rheinschiffahrtsakte kein Argument. Seine Auffassung begründet das Rheinschiffahrtsobergericht weiter mit der Ansicht, daß nach deutschem Recht ein Grundurteil in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen sei. In ihm werde mit bindender Wirkung für das nachherige Höheverfahren über den Streitpunkt des Anspruchsgrundes entschieden. Hiermit habe sich die spätere Berufungsinstanz nicht mehr zu befassen.

4. An dieser Auffassung ist gegen Hofmann (Die gerichtliche Zuständigkeit in Binnenschiffahrtssachen, Seite 144 f) festzuhalten.

II.


Die Berufung der Beklagten greift Einwendungen auf, die sie im ersten Rechtszuge bereits geltend gemacht haben und die Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe gewesen sind. Bei seiner Entscheidung über den Grund der Klageansprüche hat hierüber das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe entschieden. Dieses Urteil ist mit den zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in Rechtskraft erwachsen und der Nachprüfung durch die Berufungskammer der Zentralkommission entzogen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Einwendungen, die die Beklagten erneut in diesem Verfahren vorgebracht haben:

1. Fehlende Aktivlegitimation der Klägerin haben die Beklagten bereits im Grundverfahren gerügt. Hierüber hat das Rheinschiffahrtsobergericht erkannt. Hieran hat sich das Rheinschiffahrtsgericht mit Recht als gebunden angesehen.

Demgegenüber meinen die Beklagten, die Rechtskraft des ersten Berufungsurteils reiche nur so weit, wie sich die im Höheverfahren erstmals konkretisierten Ansprüche mit den Ansprüchen deckten, über die das Rheinschiffahrtsobergericht abschließend befunden habe. Das ist zwar dem Grundsatz nach richtig, hilft hier aber den Beklagten nicht weiter, da das Rheinschiffahrtsobergericht über die erneut dargestellten Einwendungen befunden hat.

Soweit die Beklagten geltend machen, die Klägerin habe « Schadenspositionen der Deutschen Bahn AG als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbahn geltend gemacht », die Deutsche Bahn AG sei jedoch zu keinem Zeitpunkt Inhaber der Ansprüche aus der Havarie vom 9.6.1987 gewesen, die Deutsche Bundesbahn habe diese Ansprüche schon lange vor ihrer Existenzgründung an die Klägerin abgetreten, handelt es sich um Vorbringen, das die Beklagten bereits erstinstanzlich vorgebracht haben. In anderer Form aber gleichem Sinne haben die Beklagten sich immer wieder, auch in dem Berufungsverfahren vor dem Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe geäußert. Dazu hat das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe auf Seite 11 des Urteils festgestellt, daß der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner und gegen die Beklagte zu 3 als Bürgin zusteht. Damit ist die Aktivlegitimation der Klägerin rechtswirksam und rechtskräftig festgestellt. Dabei hat das Rheinschiffahrtsobergericht auch die Abtretungserklärung vom 17.11.1988 und die Vereinbarung der Parteien betreffend den Sicherungsaustausch gewürdigt. Den von den Beklagten in ihrer Berufungsschrift vom 20.3.1997 vorgetragenen dreifachen Bedenken gegen die Aktivlegitimation konnte die Berufungskammer daher nicht mehr nachgehen.

Selbst wenn man annehmen wollte, das Rheinschiffahrtsobergericht habe nicht alle zur Begründung der Aktivlegitimation maßgebenden Umstände gekannt oder Umstände übergangen, ist das im Hinblick auf die Rechtskraft des Grundurteils ohne Bedeutung; denn ohne die Annahme der Aktivlegitimation der Klägerin hätte das Rheinschiffahrtsobergericht der Klage nicht dem Grunde nach stattgeben dürfen.

Da die Aktivlegitimation der Klägerin rechtskräftig feststeht, steht auch die Haftung der Bürgin entgegen der Ansicht der Beklagten insoweit außer Zweifel.

2. Soweit die Beklagten auch in der Berufungsinstanz vor der Berufungskammer die Verjährungseinrede aufrechterhalten, ist das Vorbringen der Beklagten durch das Grundurteil mit Rechtskraft beschieden worden.

Es kann kein Zweifel sein, daß die Konkretisierung der Klagenansprüche zunächst mehr als bedenklich gewesen ist. So hat das ersichtlich auch das Rheinschiffahrtsobergericht gesehen, gleichwohl die bis dahin erfolgte Konkretisierung und Substantiierung der Klageansprüche noch als ausreichend erachtet. Der Berufungskammer der Zentralkommission steht es nicht zu, über diese Ansicht des Rheinschiffahrtsobergericht zu rechten und muß von der Bindungswirkung des Grundurteils ausgehen, wonach diese Ansprüche nicht nur bestehen, sondern ausreichend konkretisiert und substantiiert waren.
 

Ferner hat das Rheinschiffahrtsobergericht mit bindender Wirkung festgestellt, daß die Verjährungseinrede der Beklagten unbegründet ist. Daran ändert auch nichts, daß die Klägerin die jetzt der Klage zugrunde gelegten Forderungen von 146.387,80 DM als Teil des Betrages von ca. 431.000,-- DM des Schadenspostens aus ihrer Rechnung vom 15.2.1988 näher substantiiert haben. Denn das Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe hat ausdrücklich und mit für die Berufungskammer bindender Wirkung festgestellt, daß hinsichtlich eines Betrages von 115.000,-- DM die Verjährung für alle Schadensersatzansprüche der Klägerin und der DBB aufgrund der Havarie vom 9.6.1988 in Verbindung mit den Sicherungsaustauschverträgen durch die Klage unterbrochen worden sei. Zu den anspruchsbegründenden Ansprüchen gehörten die Schäden der DBB an den Leitwerken einerseits und alle übrigen Schäden, wie Aufwendungen für den Einsatz von Triebfahrzeugen etc. in Höhe von ca. DM 431.000,-- DM, die nunmehr in erster Linie für die Haftung der Beklagten herangezogen würden.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten in diesem Zusammenhang darauf, die Klägerin habe « Betriebserschwerniskosten » die ausdrücklich zunächst nicht zur Klagebegründung angeführt worden seien, « nachgeschoben ». Auch insoweit können die Beklagten mit ihrem Vorbringen im Hinblick auf die Rechtskraft und die bindenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Grundurteils nicht mehr gehört werden, nachdem das Rheinschiffahrtsobergericht diese Kosten als Teil der nicht verjährten Gesamtkosten ausdrücklich genannt und die weitere Aufschlüsselung mit Beweisanträgen angemahnt hat.

3. Der Einwand der Verwirkung ist zwar auch gegenüber einer rechtskräftig festgestellten Forderung oder bindenden tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen zulässig. Verwirkung kann hier aber deshalb nicht angenommen werden, weil schwerwiegende und nach § 242 BGB nicht hinzunehmende Verstöße gegen die prozessuale Erklärungspflicht nicht vorliegen. Zudem hat das Rheinschiffahrtsobergericht das prozessuale Verhalten der Klägerin nicht gerügt und ihr Vorbringen - wenn auch mit Bedenken - als ausreichend erachtet. Der Berufungskammer steht es auch in dieser Frage nicht zu, die Entscheidung des Rheinschiffahrtsobergericht zu bewerten oder abzuändern.

4. Die rechtliche Feststellung des Rheinschiffahrtsobergerichts, daß eine Haftung der Beklagten zu 1 und 2 mit dem Restwert von MSL P bestehe mit der Folge, daß auch eine Haftung der Bürgin anzunehmen sei, ist für die Berufungskammer bindend. Allen gegen ihre Haftung mit dem Restwert des Leichters angeführten Gründen der Beklagten konnte die Berufungskammer entgegen der Ansicht der Beklagten nicht mehr nachgehen.

5. Richtig ist, daß die Adäquanz eine zentrale Anspruchsvoraussetzung für die Klägerin war. Fehlte die Adäquanz, hätte das Rheinschiffahrtsobergericht die Klage dem Grunde nach nicht zusprechen dürfen. Durch die rechtskräftige Feststellung der Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist aber implizite und stillschweigend auch über die Adäquanz mitentschieden worden, was die Berufungskammer bindet. Die Entscheidung über diese Frage kann nicht mehr infrage gestellt werden.


6. Zu Recht hat das Rheinschiffahrtsgericht die Ausführungen der Beklagten zur Schadensabwendungspflicht übergangen. Das Rheinschiffahrtsobergericht war im Verfahren über den Grund des Klageanspruchs gehalten, auch über ein mitwirkendes Verschulden der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu befinden, weil alle den Anspruchsgrund leugnenden Einwendungen im Verfahren über den Grund zu erledigen sind. Ausnahmsweise kann allerdings die Entscheidung über ein mitwirkendes Verschulden dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben. Einen solchen Vorbehalt hat hier das Rheinschiffahrtsobergericht aber nicht gemacht. Die Entscheidung über die Schadensabwendungspflicht kann daher im Hinblick auf die Rechtskraft des Grundurteils nicht mehr nachgeholt werden. Das müssen die Beklagten hinnehmen.


III.


Zu den verschiedenen Schadenspositionen ist auf die beiderseitigen Berufungen der Parteien in der Reihenfolge der angefochtenen Urteile folgendes festzustellen:

1. Das Rheinschiffahrtsgericht hat im Ergebnis zutreffend die mit der Klage geltend gemachten Reisebetreuerkosten nicht als Schaden im Sinne eines durch den Unfall bedingten besonderen Kostenaufwandes angesehen.

Der Klägerin ist zuzugeben, daß gegen den Ansatz dieser Kosten nicht eingewandt werden kann, den dazu eingesetzten Beamten hätten ihre Dienstbezüge auch ohne das Unfallereignis bezahlt werden müssen.

Ersatz dieser Kosten kann die Klägerin aber nur dann verlangen, wann diese Kosten zur reibungslosen Durchführung des Eisenbahnbetriebes nach dem Unfall dringend erforderlich gewesen sind, um die Fahrgäste auf Umleitungen und bereitstehende Ersatzfahrzeuge hinzuweisen. Insoweit hat die Klägerin ihr spärliches tatsächliches Vorbringen auch in der Berufungsinstanz vor der Berufungskammer nicht ergänzt. Berücksichtigt man das unwidersprochen gebliebene Vorbringen der Beklagten, wonach bei der Eisenbahn in Deutschland grundsätzlich keine Betreuung stattfindet, kann die Notwendigkeit einer Betreuung durch besondere Beamte aus Anlaß der Anfahrung der Eisenbahnbrücke Maxau nicht angenommen werden. Insbesondere hat die Klägerin nicht deutlich gemacht, daß die üblichen Informationsmöglichkeiten an Bahnhöfen hier zur Unterrichtung der Fahrgäste nicht ausreichend waren und der Einsatz zusätzlicher Beamter zur Information und Betreuung der Fahrgäste dringend geboten gewesen ist. Betreuungskosten können daher nicht verlangt werden.

2. Die Kosten für den Ersatzverkehr infolge Sperrung der Eisenbahnbrücke in Maxau durch Busse anstelle des Einsatzes von Nahverkehrszügen hat das Rheinschiffahrtsgericht teilweise zugesprochen. Fremdkosten von 21.870,75 DM sowie laufabhängige Betriebskosten für den zusätzlichen Pendelverkehr von 9.924,30 DM, insgesamt 31.795,05 DM wurden als ersatzfähig angesehen. Hiergegen haben die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung keine substantiierten Einwendungen erhoben, woraus die Berufungskammer entnimmt, daß die Beklagten die Entscheidung des Rheinschiffahrtsgerichts insoweit hinnimmt.


Was die weiteren zeitabhängigen Kosten für den Einsatz eigener Fahrzeuge angeht, hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz nicht dargetan, daß ihr durch den Pendelverkehr zusätzliche Ausgaben entstanden sind. Nur solche auf die Einsatzzeit der Busse entfallenden Aufwendungen können als adäquater Schaden des Unfalls angesehen werden, soweit die Fahrzeuge eigens für fremdverschuldete Fahrzeugausfälle in Reserve gehalten worden sind (RGRK - Alff, 12. Aufl. Vor § 249 Rdn 9). Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Daß die eingesetzten Busse zur zuständigen Verwaltung gehörten und aus anderen Bezirken weitere Busse angefordert wurden, reicht zur Begründung eines Schadens nicht aus. Dieses Vorbringen zeigt vielmehr, daß eine besondere Fahrzeugreserve für fremdverschuldete Ausfälle gerade nicht vorgehalten worden ist. Die Klägerin kann daher die weiteren Kosten des Pendelverkehrs nicht verlangen.

Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Versagung eines Verwaltungskostenzuschlags von 10% für den Einsatz fremder Busse. Mit Recht hat das Rheinschiffahrtsgericht angenommen, daß der Klägerin ein Verwaltungskostenzuschlag zu versagen ist, weil sie die von Dritten erbrachten Leistungen auf Kostenbasis abrechnet. Nur wenn eigene Leistungen der Bahn auf Kostenbasis abgerechnet worden wären, wäre ein Zuschlag zu machen. Im Rahmen des Ersatzverkehrs hat die Klägerin jedoch, wie ausgeführt, keine liquidationsfähigen eigenen Leistungen erbracht.

3. Zutreffend hat das Rheinschiffahrtsgericht der Klägerin die mit 16.875,80 DM bezifferten Mehrkosten für Sandbeschaffung zugebilligt.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat zu der Frage, ob zum termingebundenen Weichenumbau Sand nicht wie vorgesehen aus Wörth, sondern aus Neustift zu beziehen war, die Zeugen Zander und Wolf vernommen. Diese Zeugen haben die Beweisfrage nicht sicher bestätigt, wie das Rheinschiffahrtsgericht im einzelnen näher ausgeführt hat. Gleichwohl hat das Rheinschiffahrtsgericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme die tatsächlichen Behauptungen der Klägerin für wahr erachtet und die Gründe angegeben, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Diese freie Beweiswürdigung nach § 286 ZPO entspricht wesentlichen Verfahrensgrundsätzen der deutschen Zivilprozeßordnung. Die Anwendung dieser Grundsätze durch das Rheinschiffahrtsgericht läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Berufungskammer sieht keinen Anlaß von den überzeugenden Gründen des Rheinschiffahrtsgerichts abzuweichen und schließt sich der Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil an.

4. Die Kosten, die durch Schäden an Überwachungseinrichtungen (Wartungsstege sowie Foto- und Alarmanlagen) und ihre Überprüfung nach dem Unfall entstanden sind, sind adäquate Folgen der Brückenanfahrung. Die Brücke mag zur Unfallzeit alt, unmodern und für die Schiffahrt ein gefährliches Hindernis gewesen sein. Die Schiffahrt hatte aber den Strom und seine Brücken in dem Zustand hinzunehmen, in dem er sich befand. Anfahrungen der Brücke waren rechtswidrig. Hiergegen durften aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Eigentums Schutz- und Überwachungsmaßnahmen ergriffen werden. Wer schuldhaft diese Anlagen gefährdete oder beschädigt, kann sich daher nicht auf einen in seinen Augen fehlenden Sinn dieser Anlagen berufen. Er schuldet vielmehr ohne Entlastung vollen Schadensersatz.

Gegen die Kostenansätze dieser Schadenspositionen haben die Beklagten keine Einwendungen erhoben.

Die Klägerin kann für die Reparaturkosten der Wartungsstege 18.958,41 DM einschließlich der anteiligen Verwaltungskosten verlangen.

Für die Reparatur der Foto- und Alarmanlage können 1.116,15 DM und 1.019,-- DM angesetzt werden.

5. Mit Recht hat das Rheinschiffahrtsgericht ferner die von der Klägerin für die Fahrleitungsüberprüfung in Höhe von 3.587,88 DM berechneten Kosten abgesetzt.

Es ist durch nichts bewiesen, daß die Fahrleitungen der Eisenbahnbrücke durch die Anfahrung tatsächlich einen Schaden genommen haben. Wenn die Bahn im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten zum Schutz des Eisenbahnverkehrs und ihrer Fahrgäste die Fahrleitungen überprüfte, weil die Gefahr von Einwirkungen durch den Unfall nicht auszuschließen war, begründet das keine Einstandspflicht der Beklagten. Die hypothetische Gefahr eines Schadens stellt keinen Vermögensschaden dar, der vom Schadensbegriff des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfaßt wird. Nur ein echter Vermögensschaden kann liquidiert werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Schaden materieller oder immaterieller Natur ist.

6. Den Beklagten ist zuzugeben, daß weder in der Sicherheitsaustauscherklärung der Beklagten zu 1 und 2 noch in der korrespondieren Bürgschaftserklärung der Beklagten zu 3 von Zinsen die Rede ist. Diese Verpflichtungen sind aber der Auslegung nach § 242 BGB zugänglich. Da eine Schadensersatzforderung grundsätzlich vom Tage des Eintritts des Verzuges zu verzinsen ist, muß den Vereinbarungen billigerweise auch die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen entnommen werden. Der Klägerin einen Zinsanspruch mangels Erwähnung dieses Anspruchs in den Urkunden zu versagen, wäre ein unerträgliches Ergebnis.

Was den Zinsbeginn angeht, wenden sich die Beklagten allerdings mit Recht gegen die Entscheidung des Rheinschiffahrtsgerichts. Die Beklagten haben in 1. Instanz geltend gemacht, daß die Beklagte zu 1 die Rechnung der Klägerin vom 28.1.1988 nicht erhalten habe. Die Beklagte zu 2 will zu keinem Zeitpunkt zur Zahlung aufgefordert worden sein. Unter diesen Umständen kann die Klägerin von den Beklagten zu 1 und 2 Zinsen erst ab Rechtshängigkeit, d.h. 10. Januar 1989 verlangen.

Der Zinssatz bemißt sich nach den Sollzinsen, die die Bundesrepublik Deutschland ihrerseits für Kassenkredite an die Deutsche Bundesbahn zahlen muß.


IV.

1. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren zwischen den Parteien entsprechend dem Umfang des beiderseitigen Unterliegens aufzuteilen (§§ 97, 92 Abs. 1 ZPO).

2. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

Die Berufungen beider Parteien gegen die Urteile des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 20. Februar 1997 und vom 17. April 1997 werden mit der Maßgabe zurückverwiesen, daß die Beklagten zu 1 und 2 unter entsprechender Abänderung dieser Urteile 6,75% Zinsen auf die durch dieses Urteil zuerkannten Beträge erst ab 10.1.1989 zu zahlen haben. Im übrigen verbleibt es bei den in den angefochtenen Urteilen getroffenen Entscheidungen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 9/23 und die Beklagte als Gesamtschuldner zu 14/23.

Die Festsetzung dieser Kosten gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1998 - Nr.6 (Sammlung Seite 1678 ff.); ZfB 1998, 1678 ff.