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387 B - 9/98 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 10.06.1998
Aktenzeichen: 387 B - 9/98
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

Läuft ein Schiff, welches die Zeichen nach § 3.14 Nr. 1 RheinSchPV führen muß, ohne Erlaubnis der Hafenbehörde in den Hafen Andernach ein, wird eine Ordnungswidrigkeit nach § 2.02 Abs. 3 i. V. m. § 10.02 Abs. 2 Nr. 1 HPoLVO (Hafenpolizeiverordnung des Landes Rheinland-Pfalz) begangen. Allerdings liegt keine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen § 2.04 Abs. 1 HPolVO vor, wenn die vorgeschriebene Anmeldung außerhalb der Geschäftszeiten des Hafenamts über die Treibstoffumschlagsanlage erfolgt.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 10.6.1998

387 B - 9/98

(Rheinschiffahrtsgericht St. Goar)

Zum Tatbestand:

Am 17.04.1997 belegte die Stadtverwaltung Andernach den Betroffenen mit einem Bußgeld von 200 DM, weil er mit dem von ihm verantwortlich geführten TMS „U" (Ladung: 1.150 t Benzin) am 03.03.1997, 9 Uhr, „als zweites TMS mit blauem Kegel in den Hafen Andernach eingefahren ist, obwohl die Löschstelle D durch ein Kegelschiff besetzt war". Ein 2. Platz für „Kegelfahrzeuge ist nicht ausgewiesen und wird vom Hafenmeister in der Regel auch nicht erteilt", außerdem habe sich der Betroffene beim Hafenmeister auch nicht angemeldet und entsprechende Informationen eingeholt, obwohl das Hafenamt bei Einlaufen des Betroffenen schon besetzt gewesen sei. Zuwiderhandlungen gegen § § 2.02, 111 + 2.04 i. V. m. § 10.0211 Nr. 1 + 2 HPo1VO.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat in dem von dem Betroffenen angefochtenen Beschluß eine Geldbuße von 200 DM festgesetzt.

Mit seiner form- und fristgerechten Berufung erstrebt der Betroffene seinen Freispruch. Die Berufung hatte teilweise Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Berufung des Betroffenen kann keinen Erfolg haben, soweit ihm das Rheinschiffahrtsgericht vorgeworfen hat, ohne Erlaubnis der Hafenbehörde in den Hafen Andernach eingelaufen und dort einige Zeit bis zum Löschen seines Fahrzeugs an der Treibstoffumschlagsanlage der Firma D liegengeblieben zu sein. Hingegen kann die Berufungskammer entgegen dem Rheinschiffahrtsgericht nicht feststellen, daß der Betroffene die Ankunft seiner Fahrzeugs im Hafen Andernach der Hafenbehörde nicht ordnungsgemäß gemeldet hat.

                                                              I.

1. Für den Hafen Andernach gilt - unbestritten - die Hafenpolizeiverordnung des Landes Rheinland-Pfalz (HPo1VO). Nach deren § 1.02 Abs. 1 a) „gilt, soweit in der HPo1VO nichts Abweichendes be¬stimmt ist, in den am Rhein gelegenen Häfen die Rheinchiffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV)".

2. Nach § 2.02 HPo1VO („Erlaubnis zum Einlaufen") bedürfen nach dessen Absatz 3 Fahrzeuge, die wegen der Beförderung bestimmter gefährlicher Güter nach § 3.14 Nr. 1 RheinSchPV einen blauen Kegel führen müssen - wie hier TMS „U" -, einer Erlaubnis der Ortspolizeibehörde zum Einlaufen, sofern nicht der Hafen oder Teile des Hafens für den Umschlag dieser Güter freigegeben sind oder ein Liegeplatz für diese Fahrzeuge ausgewiesen ist; soweit erforderlich, wird die Freigabe des Hafens oder von Teilen des Hafens bekanntgegeben.

3. Nach § 14.08 Nr. 2 RheinSchPV dürfen Fahrzeuge, welche die Zeichen nach § 3.14 RheinSchPV führen müssen, an der Treibstoffumschlagsanlage der Firma D bei km 612,40 löschen. Außerdem wird für Fahrzeuge, die die Zeichen nach § 3.14 Nr. 1 RheinSchPV führen müssen, in § 14.08 Nr. 4 RheinSchPV bestimmt: „Liegestelle von km 613,80 bis km 614,00". Hingegen sehen diese Vorschriften nicht vor, daß ein solches Schiff im Hafen von Andernach liegen darf, solange ein anderes Fahrzeug (hier: TMS „K") an der Treibstoffumschlagsanlage der Firma D löscht. Vielmehr muß es eine Liegestelle auf der Reede von Andernach am linken Ufer zwischen km 613,80 und km 614,00 aufsuchen (vgl. § 14.08 Nr. 1 und 4 RheinSchPV) bis es an der Treibstoffumschlagsanlage der Firma D mit dem Löschen beginnen kann.
Die Berufungskammer kann deshalb nicht die Meinung des Betroffenen billigen, daß es zum Einlaufen in den Hafen Andernach keine Erlaubnis benötige, wenn sein Schiff eine Ladung Benzin bei der Firma D löschen solle, obwohl er wegen eines anderen dort bereits löschenden Fahrzeugs deren Treibstoffumschlagsanlage noch nicht anlaufen kann.

Damit ist festzustellen, daß der Betroffene durch sein Verhalten zumindest fahrlässig eine Ordnungswidrigkeit nach § 2.02 Abs. 3 in Verbindung mit § 10.02 Abs. 2 Nr. 1 HPo1VO begangen hat.

                                                                    II.

1. Nach § 2.04 Abs. 1 HPo1VO sind Fahrzeuge von den Schiffsführern unverzüglich nach deren Ankunft in der von dem Hafenunternehmer vorgeschriebenen Form anzumelden.

2. Gegenüber dem Vorwurf des Rheinschiffahrtsgerichts, der vorgeschriebenen Meldepflicht nicht nachgekommen zu sein, hat der Betroffene vorgetragen:

Das Hafenamt Andernach sei nur während der Geschäftszeiten besetzt; deshalb sei eine Anmeldung des TMS „U" bei der bereits um 6.30 Uhr erfolgten Ankunft des Schiffes noch nicht möglich gewesen; zu diesem Zeitpunkt habe er auch über Funk noch keinen Kontakt mit dem Hafenamt bekommen; er habe darauf das Tanklager D gebeten, die vorgeschriebene Anmeldung für ihn vorzunehmen, sobald das Hafenamt besetzt sei; diese Art der Anmeldung sei im Hafen Andernach üblich; das Tanklager D habe ihm auf seine Bitte zugesichert, die Anmeldung zu übernehmen; wegen der gängigen Praxis habe er annehmen müssen, daß dies auch geschieht.

3. Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zu dem Vorbringen des Betroffenen folgendes zu entnehmen:
Nach dem Schreiben des Hafenamts der Stadtwerke Andernach GmbH vom 01.07.1997 erfolgt die An- und Abmeldung von Schiffen während der Geschäftszeit; darüber hinaus nimmt die An- und Abmeldung die Firma D entgegen. Das spricht für die Angabe des Betroffenen, daß die Anmeldung eines in den Hafen eingelaufenen Schiffes außerhalb der Geschäftszeiten über die Firma D ausgeführt werde.

Nach den Bekundungen des von der Wasserschutzpolizei am 25.08.1997 vernommenen Zeugen B (Disponent bei der Firma D und für den Schiffsbereich, Laden und Löschen, zuständig) ruft das Hafenamt „bei uns" nach, welche Schiffe außerhalb „ihrer Bürozeiten bei uns waren; nur wenn das Hafenamt mal nicht nachfragt, sagen wir denen Bescheid". Allerdings gebe es keine Vereinbarung, daß wir die Schiffe beim Hafenamt anmelden; bei Stammkunden wird dies schon mal aus Freundlichkeit und Servicegründen gemacht. Nimmt man hierzu, daß der Betroffene nach dem vorgenannten Schreiben des Hafenamts vom 01.07.1997 mit seinem TMS „U" im ständigen Pendelverkehr von Wesseling nach Andernach fährt, so spricht jedenfalls einiges für das Vorbringen des Betroffenen, so daß kein Raum für die Annahme verbleibt, daß dieser schuldhaft gegen § 2.04 Abs. 1 HPo1VO zuwidergehandelt hat.

                                                               III.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Der Betroffene wird auf seine Berufung freigesprochen, soweit ihn das Rheinschiffahrtsgericht St. Goar mit Beschluß vom 12.12.1997 wegen Zuwiderhandlung gegen §§ 2.04 Abs. 1, 10.02 Abs. 2 Nr. 2 HPo1VO zu einer Geldbuße verurteilt hat.

2. Im übrigen wird die Berufung des Betroffenen gegen den angefochtenen Beschluß (wegen fehlender Erlaubnis zum Einlaufen in den Hafen Andernach) zurückgewiesen und die vom Rheinschifffahrtsgericht festgesetzte Geldbuße von 200 DM - im Hinblick auf den Freispruch unter Nr. 1 - auf 100 DM herabgesetzt...."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1995 - Nr.18 (Sammlung Seite 1702f.); ZfB 1995, 1702 f.