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II ZR 131/62 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Entscheidungsdatum: 14.05.1964
Aktenzeichen: II ZR 131/62
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Abteilung: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Mit der Verpflichtung, ein Schiff frei von Hypotheken, Belastungen und bevorrechtigten Gläubigerrechten zu verkaufen, übernimmt der Verkäufer nicht die Haftung dafür, darf dritte Personen keine unbegründeten Ansprüche erheben. Zwischen § 435 BGB, wonach der Verkäufer eines Schiffes verpflichtet ist, im Schiffsregister eingetragene nicht bestehende Rechte auf seine Kosten zur Löschung zu bringen, und einem Schiffsgläubigerrecht, das nach §§ 102, 103 BSchG ohne Eintragung entsteht, ist keine vergleichbare Rechtslage gegeben.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 14. Mai 1964

Zum Tatbestand:

Der Kläger hat das MS „A" von den Beklagten für 34500,- DM gekauft. In dem schriftlichen Vertrag ist vereinbart, daß das Schiff verkauft werde „frei von Hypotheken, Belastungen und bevorrechteten oder anderen Schulden gleich welcher Art, also frei und unbelastet". Der Kläger hat 5000,- DM angezahlt. Etwa nach zwei Monaten erklärte er den Rücktritt vom Vertrag, weil MS „A" wegen einer Havarie mit dem Schiff „B" mit einem Schiffspfandrecht zugunsten des Eigentümers von Schiff „B" belastet sei.
Die Beklagten haben inzwischen ein rechtskräftiges Urteil gegen den Eigentümer von „B" erlangt, in welchem festgestellt worden ist, daß ihnen gegenüber keine Ansprüche aus dem Umstand bestehen, daß MS „A" eine bestimmte Zeitlang neben Boot „B" im Hafen gelegen hatte. Diese Ansprüche waren nämlich nach Abschlug des Kaufvertrages gegen die Beklagten wegen des Festmachens am Boot „B" von dessen Eigentümer erhoben worden.
Der Kläger hat mit der Klage Rückzahlung der 5000,- DM verlangt, worauf die Beklagten Widerklage auf Zahlung des Restkaufpreises von 29500,- DM angestrengt haben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Berufung und Revision des Klägers hatten keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Revision, die nicht in Zweifel zieht, daß an dem gekauften Schiff kein Schiffsgläubigerrecht bestanden hat, daß also die Beklagten ihre Leistungspflicht aus § 434 BGB erfüllt haben, rügt zunächst, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, ob nicht der Kaufvertrag durch das Schreiben vom 22. Januar 1958 wirksam angefochten worden sei. In dem Schreiben haben die Anwälte des Klägers gegenüber der Beauftragten der Beklagten den Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag darauf gestützt, daß die Beklagten den Kläger arglistig getäuscht hätten; es habe sich am 21. Januar 1958 herausgestellt, daß das Schiff „A" wegen einer verschuldeten Havarie in Höhe von ca. 25 000 DM in Anspruch genommen werde, was die Beklagten verschwiegen hätten. Die Revision meint, die Beklagten als Verkäufer hätten den Kläger über den möglicherweise schadensbegründeten Havarievorgang bei Abschlug des Kaufvertrages aufklären müssen.
Der Revisionsangriff ist unbegründet. Eine arglistige Täuschung entfällt schon deshalb, weil der Kläger die „Situation", aus der, wie die Revision offensichtlich meint, die Beklagten den Schluß hätten ziehen müssen, daß der Eigentümer von „B" gegen sie mit Ansprüchen hervortreten werde, selbst gekannt hat. Denn der Kläger hat selbst mit seinem Sohn am 24. November 1957 das MS „A" von seiner bisherigen Liegestelle abgeholt und dabei die Drähte zu „B" losgemacht. In dieser Richtung gab es also nichts aufzuklären. Wie die Revision selbst hervorhebt, sind gegen die Beklagten nach ihrer Behauptung erstmals am 29. Januar 1958, also nach Kaufabschluß, Ersatzansprüche wegen des Festmachens am Boot „B" erhoben worden. Gegenteiliges hat der Kläger, der für das Vorliegen der Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung beweispflichtig ist, nicht bewiesen. Schon aus diesem Grund kommt daher eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung nicht in Frage.
Die Revision ist der Meinung, die Beklagten hätten ihrer Freistellungspflicht nach Nr. 2 des Kaufvertrages nur genügt, wenn sie die Berühmung des angeblichen Schiffsgläubigers aus der Welt geschafft hätten. Dazu wäre, wie sich aus §§ 435, 268 BGB ergebe, erforderlich gewesen, daß sie den von dem angeblichen Schiffsgläubiger geforderten Betrag hinterlegt hätten. Mit dieser Verpflichtung seien sie im Verzug gewesen, so daß der Rücktritt des Klägers wirksam sei.
Auch diese Revisionsrüge entbehrt der Begründung. Auf § 435 BGB kann sich die Revision nicht berufen. Durch diese Vorschrift wird der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Schiffes verpflichtet, im Grundbuch oder Schiffsregister eingetragene Rechte, die nicht bestehen, auf seine Kosten zur Löschung zu bringen. Es handelt sich hier um Scheinbelastungen, die wegen der in §§ 891, 892 BGB, §§ 15, 16 SchiffsRG angeordneten Rechtsfolgen dem Käufer Rechtsnachteile bringen können. Bei einem Schiffsgläubigerrecht, das nach §§ 102, 103 BSchG ohne Eintragung entsteht, und bestehen bleibt, ist eine vergleichbare Rechtslage nicht gegeben. Es gilt hierfür vielmehr die Regel des § 442 BGB, wonach der Käufer den vom Verkäufer bestrittenen Rechtsmangel beweisen muß. Eine Anwendung des § 268 BGB scheidet schon deshalb aus, weil die dort angeordnete Rechtsfolge (Ablösungsrecht) nur ein Recht, nicht eine Pflicht zur Hinterlegung darstellt.
Das Berufungsgericht hat schließlich ohne Rechtsfehler die Vereinbarung der Parteien dahin ausgelegt, dass die Beklagten nicht die Haftung dafür übernommen haben, daß Dritte keine unbegründeten Ansprüche gegen die Schiffseigner erheben."