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IV 352/59 U - Bundesfinanzhof (-)
Entscheidungsdatum: 24.08.1961
Aktenzeichen: IV 352/59 U
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesfinanzhof München
Abteilung: -

Leitsatz:

Es handelt sich um eine auflösende Bedingung im Sinne des § 4 Abs. 1 StAnpG, wenn nach der Vereinbarung der Parteien bei Abschluss eines Veräußerungsvertrages der Vertrag seine Wirksamkeit für den Fall verlieren soll, dass über die tarifliche Begünstigung des sich aus dem Veräußerungsgeschäft ergebenden Gewinns (§§ 16, 34 EStG) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine die Vergünstigung bejahende rechtskräftige Entscheidung der dafür zuständigen Stelle (Finanzamt, Steuergericht) nicht ergangen ist.

 

Urteil des Bundesfinanzhofs

vom 24. August 1961

IV 352/59 U


Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beschwerdegegner (Bg), ein Schifffahrtsunternehmen, hatte von seinen beiden Motorschiffen eines zum Preis von 385000 DM verkauft. Das Schiff verblieb treuhänderisch dem Bg zum Gebrauch in seinem Schifffahrtsbetrieb. Dafür sollte der Erwerber von dem Gesamtgewinn der beiden Schiffe je 50% erhalten. Nach einer Zusatzvereinbarung sollte der Kaufvertrag seine Wirksamkeit unter der auflösenden Bedingung verlieren, dass auf den erzielten Verkaufserlös die Vorschrift der §§ 16, 34 Abs. 1 u. 2 Ziff. 1 EStG 1958 nicht zur Anwendung kommen und innerhalb einer Frist von etwa 7 Monaten keine diesbezügliche Bestätigung der Finanzverwaltung vorliegen würde. Die Parteien stellten später übereinstimmend fest, dass die auflösende Bedingung eingetreten war, da ein Bescheid nicht in der vereinbarten Frist vorlag.

Hinsichtlich des Veräußerungsgewinns von 328115 DM versagte das Finanzamt den Sondertarif von 10% gemäß §§ 16, 34 EStG 1958. Auf die Sprungberufung erkannte das Finanzgericht eine Teilbetriebsveräußerung an und wandte die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes auf den Veräußerungsgewinn an. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamtes, die unter Aufhebung der Vorentscheidung dazu führte, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Einkommensteuer nach § 4 Abs. 2 StAnpG nur nach dem laufenden Gewinn festgesetzt wurde.

In rechtlicher Hinsicht begründet der Bundesfinanzhof seine Entscheidung u. a. wie folgt:

Für schuldrechtliche Verträge über die Veräußerung von Schiffen ist - worauf der Bg zutreffend hinweist vom Gesetz keine besondere Form vorgeschrieben (Schaps-Abraham, Das deutsche Seerecht, Erster Band, Berlin 1959, S. 363). Das gleiche gilt demgemäß auch für die Zusatzvereinbarung. Nach dem Willen der Parteien sollte der Kaufvertrag zunächst mit den sich durch seinen Abschluss ergebenden zivilrechtlichen wie steuerrechtlichen Folgen wirksam werden und erst mit dem Eintritt der genannten Bedingung rückwirkend seine Wirksamkeit verlieren.

Der Senat sieht in dieser Vereinbarung der Parteien auch keine missbräuchliche Rechtsgestaltung. Ebenso wie es den Steuerpflichtigen grundsätzlich gestattet sein muss, bei der Gestaltung ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen ganz allgemein deren steuerliche Auswirkungen in Rechnung zu stellen, muss ihnen auch die Möglichkeit gegeben sein, die endgültige Wirksamkeit von Verträgen von deren für die zunächst unübersehbarer oder jedenfalls ungewisser steuerlicher Auswirkung bzw. Behandlung abhängig zu machen. Wenn die Parteien - wie hier - darauf bedacht sind, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt hinsichtlich eines zu verwirklichenden Tatbestandes Klarheit nach der einen oder der anderen Richtung zu schaffen, so liegt dies im übrigen auch im Interesse des Steuergläubigers.

Es handelt sich demnach bei der vereinbarten Bedingung um eine zulässige auflösende Bedingung im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 StAnpG. Es besteht auch kein Anhalt dafür, dass die Vertragsparteien an dieser Bedingung nunmehr etwa deshalb nicht mehr festhalten wollen, weil in der Einkommensteuersache inzwischen für den Bg ein teilweise obsiegendes Urteil ergangen ist. Sein Vorbringen und insbesondere sein Vorgehen in der gleichzeitig anhängigen Umsatzsteuersache zeigen eindeutig, dass der Kaufvertrag vom 17. Dezember 1958 von beiden Parteien nunmehr als nicht mehr existent behandelt wird.
Da die auflösende Bedingung im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens eingetreten und demgemäß der Kaufvertrag in diesem Verfahren hinfällig geworden ist, war damit die Berufung des Bg in der Hauptsache erledigt, so dass für eine Entscheidung in der Sache selbst kein Raum mehr war. Die Hauptsache hätte vom Finanzgericht für erledigt erklärt und die Steuerfestsetzung - gemäß den §§ 243, 244 AO - nach § 4 Abs. 2 StAnpG auf der Grundlage des nunmehr verbleibenden laufenden Gewinns geändert werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und entsprechend zu erkennen.