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U 8/92 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 06.07.1993
Aktenzeichen: U 8/92 BSch
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsätze:

1) Durch eine kontradiktorische Schadenstaxe werden die zur Wiederherstellung des Schiffes erforderlichen Kosten mit für den nachfolgenden Schadensersatzprozeß bindender Wirkung festgelegt. Dies gilt auch für den Eigner eines auf dem Main privat (also nicht in der Berufsschiffahrt) eingesetzten Sportbootes.
2) Kontradiktorische Schadenstaxen treffen auch - positiv wie negativ - verbindliche Aussagen über einen eventuellen merkantilen und/oder technischen Minderwert eines beschädigten Sportbootes.

Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Karlsruhe

vom 6.7.1993

U 8/92 BSch

(Schiffahrtsgericht Mainz)

Zum Tatbestand:

Die dem Kläger gehörende Motoryacht lag am 19.1.1990 im Westhafen von F. Sie wurde von dem MGS „0." der Beklagten angefahren und beschädigt. Zur Höhe des an der Yacht entstandenen Schadens wurde auf Veranlassung des Versicherers des Klägers von dem Havariekommissariat G. eine gemeinsame Schadensaufnahme durchgeführt und eine Schadenstaxe erstellt. Der in der Taxe festgelegte Betrag wurde von der Beklagten ebenso bezahlt wie ein Betrag für Wertminderung und für Transportkosten. Später hat der Kläger Nachforderungen erhoben. Seine Klage wurde abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Der Kläger ist - wie das Schiffahrtsgericht zutreffend entschieden hat - an der Erhebung von Nachforderungen, denen er sich (nach Rückabtretung von Schadensersatzansprüchen durch den zwischenzeitlichen Erwerber von MY „H.") berühmt, durch die kontradiktorische Schadenstaxe vom 18.5.1990 gehindert....

Es entspricht Schiffahrtsbrauch, nach einem Unfall die Schadensfolgen durch Experten feststellen zu lassen (Vortisch/Bemm Binnenschiffahrtsrecht 4. Aufl. § 92 b BinSchG Rdnr. 32). Durch eine kontradiktorische Schadenstaxe werden die zur Wiederherstellung des Schiffes erforderlichen Kosten mit für den nachfolgenden Schadensersatzprozeß bindender Wirkung festgelegt. Dies gilt nicht nur, wenn die Beteiligten der gewerblichen Schiffahrt angehören. Der Senat hat die Schifferbörse Duisburg-Ruhrort um Erstattung eines Gutachtens zu den Fragen gebeten, 1. ob eine Übung in der Binnenschiffahrt besteht, wonach das Ergebnis einer kontradiktorischen Schadenstaxe auch für den Eigner eines auf dem Main privat (also nicht in der Berufsschiffahrt) eingesetzten Sportbootes (Motoryacht) verbindlich ist und 2. ob Schadenstaxen auch (positiv wie negativ) verbindliche Aussagen über einen eventuellen merkantilen und/oder technischen Minderwerteines beschädigten Sportbootes zu treffen haben.

Die Schifferbörse Duisburg hat am 05.4.1993 aufgrund einer schriftlichen Umfrage und einer Aussprache in einer Gutachterkommission beide Fragen bejaht.

Der Senat teilt die Auffassung der Schifferbörse zu Duisburg-Ruhrort zu den - in den Mittelpunkt des Berufungsverfahrens - gestellten Fragen.
Danach war die Klage schon deshalb abzuweisen, weil der Sachverständige van V. unter Beteiligung der beiderseitigen Experten und auch des Klägers selbst eine abschließende kontradiktorische Schadenstaxe erstellte. Diese wurde von allen Beteiligten anerkannt und auch vom Kläger akzeptiert. Damit sind alle Bindungswirkungen auch für ihn als Eigner einer Motoryacht eingetreten.

Zwar findet die Bindungswirkung ihre Grenzen in § 242 BGB (vgl. VortischBemm Binnenschiffahrtsrecht 4. Aufl. § 92 b BinSchG Rdnr. 32); die strengen Voraussetzungen, unter denen eine Bindungswirkung ausnahmsweise nicht gegeben ist, liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, ein Großteil des Schadens, der mit der Klage geltend gemacht werde, beziehe sich auf den merkantilen Minderwert, den er selbst mit DM 19 000 beziffere. Gerade der Minderwert ist jedoch abschließend in der Schadenstaxe bzw. der sodann geleisteten und vom Kläger akzeptierten Zahlung abgegolten. Soweit der Kläger darauf abhebt, daß bei der gemeinsamen Schadensfeststellung übersehen worden sei, daß der Rumpf und die Innenwände des Schiffes weiteren als den festgestellten Schaden erlitten hätten, gilt dasselbe..."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1993 - Nr.20 (Sammlung Seite 1444 f.); ZfB 1993, 1444 f.