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151 Z - 5/83 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Date du jugement: 18.05.1983
Numéro de référence: 151 Z - 5/83
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Section: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Zu einer Schiffskollision zwischen ankernder und durchfahrender Schiffahrt am Schubleichterliegeplatz bei Orsoy.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 18. Mai 1983

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)


Zum Tatbestand:

Das bei der Klägerin versicherte MTS P erreichte auf der Bergfahrt im April 1980 kurz nach 22.00 Uhr bei klaren Sichtverhältnissen die Ortslage Orsoy. Es hielt seinen Kurs mit eingeschaltetem Radargerät und einer Geschwindigkeit von etwa 9,5 km/h in der linken Rheinhälfte. In der Nähe des am linken Ufer stationierten Wachschiffes H lagen der beladene, der Beklagten gehörende Schubleichter R und an dessen Backbordseite stromseitig der beladene Leichter E vor Anker. MTS P stieß mit seinem Vordersteven gegen das steuerbordseitige Achterschiff von R, wodurch beide Schiffe beschädigt wurden. Im Bereich des Wachschiffes ist auch durch entsprechende Beschilderung am Ufer - vorgeschrieben, daß vom Ufer aus eine Breite von 70 m freizuhalten und ab dieser Linie eine weitere Breite von 70 m für Stillieger benutzbar ist.

Die Klägerin verlangt Ersatz des an P entstandenen und von ihr erstatteten Schadens in Höhe von etwa 60000,- hfl. mit der Behauptung, daß sich R außerhalb der Liegeplatzgrenze befunden habe und, ebenso wie Leichter E, unbeleuchtet gewesen sei.

Die Beklagte behauptet, daß R nur etwa 80 m vom Ufer entfernt gelegen habe und mit Petroleumlaternen beleuchtet gewesen sei, die erst nach dern Unfall nicht mehr gebrannt hätten. Der ca. 1,40 m aus dem Wasser herausragende Leichter sei gegen das gegenüberliegende Lichtermeer auch ohne Beleuchtung gut sichtbar gewesen.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage dem Grunde nach zu drei Viertel gerechtfertigt erklärt. Die Berufungskammer der Rheinzentralkommission hat die Haftungsquote geringfügig von drei Viertel auf zwei Drittel verändert, im übrigen aber die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„...
Entgegen dem Rheinschiffahrtsgericht sieht es die Berufungskammer nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit als bewiesen an, daß der Schubleichter R im Unfallzeitpunkt außerhalb der stromseitigen Grenze des Schubleichterliegeplatzes bei Orsoy gelegen hat. Nach der schriftlichen Auskunft des Wasser- und Schiffahrtsamtes Duisburg-Rhein vom 5. April 1982 betrug die Liegeplatzbreite im Bereich des Schubleichterliegeplatzes Orsoy (Rhein-km 790,80 bis 792,25) 140 m, wobei zwischen Rhein-km 791,07 und 792,50 ein Streifen von 70 m uferseitig freizuhalten ist. Wie sich aus der genannten Auskunft des Wasser- und Schifffahrtsamtes weiterhin ergibt, betrug der Wasserstand am Unfalltag am Pegel Ruhrort 5,35 m, so daß bezogen auf diesen Wasserstand die Schiffahrtszeichen, ab denen die Liegeplatzbreite zu berechnen ist, 20 m von der Uferlinie entfernt waren. Unter Berücksichtigung dieses Uferabstandes der Schiffahrtszeichen reichte demnach der freizuhaltende Streifen bis zu einer Entfernung von 50 m von der Wasseranschnittslinie und die eigentliche Liegeplatzbreite bis auf eine Entfernung von 120 m vom Ufer.
...
Die mit dem Polizeiboot zur Unfallstelle gekommenen Beamten D., W. und S. haben angegeben, daß man den Uferabstand des Leichters mit Hilfe des Radargerätes des Polizeibootes nachgemessen habe und dabei auf eine Uferentfernung von 120 bis 140 m gekommen sei.
...
Da die Besatzungsmitglieder des zu Berg kommenden MTS P das mit dem Schubleichter kollidierte, und andererseits auch die mit der Betreuung des Leichters befaßten Zeugen nicht als neutral und unbeteiligt angesehen werden können, käme an sich den Aussagen der Wasserschutzpolizeibeamten entscheidende Bedeutung bei, wie sie diesen Zeugen auch vom Rheinschiffahrtsgericht beigemessen wurde. In diesem Zusammenhang kann aber nicht übersehen werden, daß in dem über den Schiffsunfall erstellten und von dem Polizeiobermeister W. unterzeichneten Ermittlungsbericht ausdrücklich ausgeführt ist, daß die Leichter auf dem Schubschiff-Liegeplatz in der gerade noch zulässigen Liegebreite von 140 m gelegen haben und deshalb auch von der Wasserschutzpolizei von der Erstattung einer Ordnungswidrigkeitsanzeige abgesehen wurde, da man kein schuldhaftes Verhalten habe feststellen können. Diese Feststellungen, die von der Wasserschutzpolizei auf Grund des an Ort und Stelle gewonnenen Eindrucks getroffen wurden, relativieren die späteren Zeugenaussagen dieser Beamten soweit, daß diese nach Auffassung der Berufungskammer nicht mehr die abweichende Feststellung zu tragen vermögen, der Leichter R habe außerhalb der Liegeplatzgrenzen gelegen.

Dagegen ist durch die Aussagen der Wasserschutzpolizeibeamten bewiesen, daß der Leichter keinesfalls, wie in § 7.01 Abs. 1 Rheinschiffahrtspolizeiverordnung vorgeschrieben, so nahe als möglich an der landseitigen Grenze des Liegeplatzes abgelegt war. Daß diese Regel auch für auf Liegeplätzen stillliegende Fahrzeuge zu gelten hat, ergibt sich aus § 1.02 Abs. 2 der zur Unfallzeit geltenden Vorschriften für die Reeden auf dem Rhein, in denen vorgeschrieben wird, daß Liegeplätze - soweit nichts anderes bestimmt ist - nur von der Uferseite aus, ein Fahrzeug längsseits des anderen, zu belegen sind. Auch wenn man berücksichtigt, daß landseitig neben dem Leichter R zunächst noch der Leichter R stillag, der offenbar vor dem Unfall weggeholt worden war, so ergibt sich nicht nur aus den Zeugenaussagen der Wasserschutzpolizeibeamten, sondern auch aus den Angaben der Zeugen B. und G., daß der Leichter weiter als 60 bis 65 m (innere Liegeplatzgrenze in 50 m Uferabstand zuzüglich Leichterbreite R) vom Ufer entfernt gelegen hat.

In Übereinstimmung mit dem Rheinschiffahrtsgericht sieht die Berufungskammer weiterhin als erwiesen an, daß der Leichter R im Unfallzeitpunkt unbeleuchtet war. Die Zeugen B., B. und G. konnten nur Angaben über eine Beleuchtung des Leichters zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt, nämlich für die Zeit vor Einbruch der Dunkelheit machen, als sie die Leichter überprüften. Dagegen werden die Angaben der Besatzungsmitglieder des zu Berg kommenden MTS P, daß der Leichter unbeleuchtet gewesen sei, von dem auf dem Wachschiff weilenden Zeugen Schiffsführer Sch. bestätigt, der zwar in den Abendstunden den Leichter noch beleuchtet gesehen hat, aber unmittelbar nach dem Unfallgeräusch feststellte, daß die Ankerlaternen der beiden Leichter nicht mehr brannten. Da der Zeuge Sch. nach seinen eigenen Angaben beim Wahrnehmen des Kollisionsgeräusches von seinem Schreibtisch, wo er gerade Schreibarbeiten verrichtete, an Deck eilte und dort seine Feststellungen über das Nichtbrennen der Leichterlaternen machte, fehlt es an jeder Grundlage für die von den Interessenten des Leichters R ausgesprochene Vermutung, die Lichter seien nach dem Zusammenstoß von Besatzungsmitgliedern des MTS P gelöscht worden.
...
Sowohl für das Stilliegen des Leichters in einer größeren als notwendigen Entfernung von der landseitigen Liegeplatzgrenze wie auch für das Nichtbrennen der Laterne auf dem Leichter, was beides ursächlich für die Kollision war, hat die Eigentümerin des Leichters R einzustehen. Wie das Rheinschiffahrtsgericht zutreffend ausführte, fällt der Leichtereignerin hinsichtlich der Laterne zur Last, daß diese entweder unrichtig bedient oder von ihrer Konstruktion her nicht in der Lage war, einem stärkeren Wind, wie er nach den Bekundungen des Zeugen Sch. in der Unfallnacht geherrscht haben soll und mit dem immer zu rechnen ist, standhalten konnte, ohne ausgeblasen zu werden.
...
Die Führung des bei Dunkelheit zu Berg kommenden MTS P trifft der Vorwurf, daß sie den allgemein bekannten und in der Rheinschiffahrtspolizeiverordnung bzw. den „Vorschriften über die Reeden auf dem Rhein" ausgewiesenen Schubleichterliegeplatz Orsoy nicht ausreichend freifuhr, um so jede Möglichkeit einer Kollision mit einem stilliegenden Leichter auszuschließen. Vielmehr wählte man einen Kurs - wie sich aus der Kollisionsstelle ergibt -, der mindestens in unmittelbarer Nähe der Liegeplatzgrenze verlief und dies mit unverminderter Marschfahrt von ca. 9,5 km/h. Da auf einem Liegeplatz, zumal auf einem solchen für unbemannte Schubleichter, mit Fahrzeugen gerechnet werden muß, hätte die Führung des Bergfahrers Vorkehrungen treffen müssen, um rechtzeitig stilliegende Leichter ausmachen zu können. Wie ein vom Gericht erster Instanz durchgeführter Augenschein ergeben hat, waren auf dem Liegeplatz stilliegende Leichter von einem Standort, der der Höhe des Steuerhauses des beladenen MTS P entspricht, auch auf größere Entfernung auszumachen. Dem stehen die Bekundungen der Wasserschutzpolizei, daß man den unbeleuchteten Leichter am Unfalltage trotz allgemein klaren Sichtverhältnissen nur schlecht habe erkennen können, nicht entgegen, da der Steuerstuhl des Polizeibootes, von dem diese Beobachtungen aus gemacht wurden, wesentlich niederer lag, als derjenige des MTS P. Wenn man vom Steuerstuhl des Bergfahrers aus möglicherweise wegen des eingeschalteten Radargeräts, das man nebenbei verfolgte, wodurch aber die Augenanpassung an die Dunkelheit zwangsläufig beeinträchtigt wurde, den Bereich vor dem eigenen Fahrzeug nicht mehr sicher überblicken konnte, so hätte bei Annäherung an den Schubleichterliegeplatz ein Besatzungsmitglied auf das Vorschiff beordert werden müssen, um dort Ausguck zu halten. Zumindest wäre es geboten gewesen, bei dem in unmittelbarer Nähe des Schubleichterliegeplatzes verlaufenden Kurs die Fahrtstufe drastisch zu reduzieren.
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Bei der Bemessung der vom Rheinschiffahrtsgericht in ihren Rechtsgrundlagen zutreffend festgestellten Haftung der Schiffseigner beider kollidierter Fahrzeuge erschien der Berufungskammer unter Berücksichtigung des Ausmaßes des beiderseitigen Verschuldens eine etwas geänderte Haftungsquote gerechtfertigt. Die Berufungskammer schätzte das Verschulden der Führung des MTS P etwas höher ein als das Rheinschiffahrtsgericht, da man auf diesem Fahrzeug bei der nächtlichen Bergfahrt ein relativ hohes Maß an Unbekümmertheit walten ließ, wenn auch die Hauptursache für den Zusammenstoß in der Liegeweise und Nichtbeleuchtung des Leichters zu erblicken ist. Es erschien der Berufungskammer daher eine Bewertung des Mitverschuldens des MTS P auf ein Drittel angemessen. Dementsprechend war auch die Haftungsquote zu erhöhen.
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