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II ZR 157/59 - Bundesgerichtshof (-)
Date du jugement: 23.03.1961
Numéro de référence: II ZR 157/59
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Section: -

Leitsatz:

Ein mit einem 7d-Darlehen im Zusammenhang stehender Kaufvertrag über einen Schiffsanteil an dem mit Hilfe des 7d-Darlehens umgebauten Schiff ist nicht deshalb nichtig, weil neben der wirtschaftlichen Sicherstellung des Darlehnsgebers und neben der Finanzierung des Umbaues eine Steuerhinterziehung beabsichtigt gewesen sein könnte. Über ein etwaiges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung in Verträgen, die mit der Gewährung von 7d-Darlehen in Verbindung stehen.

 

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 23. März 1961

II ZR 157/59

Zum Tatbestand:

Die Beklagte erhielt auf Grund eines Vertrages vom 23. 12. 1952 zwecks Motorisierung eines Schleppkahnes „A" von der „E"-Gesellschaft in F. ein zinsloses 7d-Darlehen in Höhe von 110000 DM. Das Darlehen wurde durch eine Schiffshypothek hinter vorgehenden Hypotheken von 220000 DM gesichert. Die Rückzahlung des Darlehens sollte in 5 gleichen Jahresraten von 1953 bis 1958 erfolgen.
Am Tage des Darlehensvertrages machte die Beklagte der Klägerin, deren Schwager S. persönlich haftender Gesellschafter der Darlehensgeberin ist, ein notariell beurkundetes Kaufangebot über einen Eigentumsanteil von 275/1000 an dem Schiff „A". Als Kaufpreis war darin ein im Jahre 1957 bar zu zahlender Betrag von 10000 DM genannt. Außerdem sollte die Klägerin von den auf dem Schiff noch zu bestellenden Hypotheken einen Betrag von 100000 DM als persönliche Schuld übernehmen. Der Schiffsanteil sollte am Tage der Inbetriebnahme des Schiffes, die im September 1953 stattfand, in das Eigentum der Klägerin übergehen. Die Klägerin nahm dieses Kaufangebot fristgemäß in notarieller Form an. In einem vorausgegangenen Schriftwechsel waren die Beteiligten außerdem übereingekommen, daß Nutzungen und Lasten hinsichtlich des verkauften Schiffsanteils von dem Tage an, an dem das Schiff in Fahrt ging, die Klägerin treffen sollten und diese „einen Anspruch auf den Gegenwert für Abschreibungen und auf Gewinnausschüttungen" erst dann haben sollte, wenn „die übernommene Schuld von 100000 DM aus Abschreibungen und Gewinn des Anteils gelöscht ist".
Später verlangte die Beklagte eine zusätzliche Beteiligung der Klägerin an den ursprünglich nicht eingeplanten Mehrkosten des Umbaues, was diese jedoch ablehnte. Den von ihr rechtzeitig gezahlten Betrag von 10000 DM ließ die Beklagte daraufhin zurückgehen.
Die Klägerin verlangt mit der Klage die Einwilligung der Beklagten in die Übertragung des Eigentumsanteils von 275/1000 an dem Schiff „A". Die Beklagte beruft sich auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen angeblichen Verstoßes gegen Verbotsgesetze und gegen die guten Sitten sowie wegen Wuchers.
Der Klage wurde in den Vorinstanzen stattgegeben. Die Revision der Beklagten war erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

Mögen die Parteien des Darlehensvertrages - was das Berufungsgericht offengelassen hat - mit der Aufspaltung des einheitlichen Geschäfts in zwei äußerlich getrennte Vereinbarungen auch bezweckt haben, der Darlehensgeberin Steuervorteile zu verschaffen, die ihr möglicherweise nicht zukamen, weil im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung eingeräumte bestimmte wirtschaftliche Vorteile steuerrechtlich einer Barverzinsung gleichstehen (BFH BStBI 1959 III 76), und mögen sie sich ihren Vorsatz unterstellt, der versuchten oder vollendeten Steuerhinterziehung schuldig gemacht haben, so wurde dadurch die Wirksamkeit des Darlehensvertrages und des Kaufvertrages doch nicht berührt. Wie der Senat in seinem Urteil BGHZ 14, 25, 31 im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts ausgesprochen hat, ist ein Vertragszweck, mit dem eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nicht auf Grund des § 134 oder des § 138 BGB nichtig, wenn die Steuerhinterziehung nicht der Hauptzweck des Geschäfts ist. Da das Berufungsgericht eine Steuerhinterziehung als Hauptgeschäftszweck mit der Feststellung verneint hat, durch die Darlehensgewährung und den damit im Zusammenhang stehenden Kauf eines Schiffsanteils habe auf Seiten der Darlehensgeberin auch eine wirtschaftliche Sicherstellung der Klägerin und auf Seiten der Darlehensnehmerin die Finanzierung des Schiffsumbaus erreicht werden sollen, so hat eine etwa daneben beabsichtigte Steuerhinterziehung die Nichtigkeit des Kaufvertrages nicht zur Folge.
Selbst wenn die Aufteilung des Gesamtabkommens den Behörden den Abschluß des Kaufvertrages verbergen sollte, geschah dies nicht, um eine behördliche Genehmigung herbeizuführen, von deren Erteilung als einer gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzung der rechtliche Bestand des zu genehmigenden Vertrages abhing. Eine solche rechtsgestaltende Wirkung kam der Bescheinigung nach § 7d Abs. 2 EStG nicht zu. Sie diente allein dem Nachweis, daß bestimmte tatsächliche Voraussetzungen für die steuerliche Abzugsfähigkeit des Darlehens gegeben seien. Die etwa beabsichtigte Irreführung der Behörden sollte demnach nicht ein behördliches Handeln herbeiführen, ohne das das Abkommen rechtliche Wirksamkeit nicht erlangen konnte, sondern nur die Ausstellung und Verwendung einer Bescheinigung ermöglichen, die der Erlangung von Steuervorteilen dienlich war. Dieses Ziel aber zog, wie dargelegt, die Nichtigkeit des Abkommens nicht nach sich, weil sich in ihm der Vertragszweck nicht erschöpfte. Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Darlehensgeberin habe staatliche Maßnahmen sabotiert, die zur Behebung des Notstandes eines Wirtschaftszweiges angeordnet worden seien, denn sie habe durch den der Beklagten auferlegten Abschluß des Kaufvertrages verbotene Vermögensvorteile herauszuschlagen gesucht; ein solches Verhalten sei sittenwidrig.
§ 7 EStG bezweckte zwar, die Schiffahrt wirtschaftlich zu fördern, indem durch die Einräumung von Steuervorteilen ein Anreiz zur Hergabe von Zuschüssen oder unverzinslichen Darlehen an die Schiffahrt geschaffen wurde. Die Gewährung verzinslicher oder sonst entgeltlicher Darlehen wurde durch diese Bestimmung indessen nicht verboten, ihr blieb nur eine Steuervergünstigung versagt. Entgegen der Auffassung der Revision handelte es sich bei Vereinbarung eines Entgelts für Hingabe eines Darlehens weder um die Erlangung verbotener Vermögensvorteile noch um die Vereitelung staatlicher Wirtschaftsanordnungen, woraus der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens abgeleitet werden könnte.
Das Berufungsgericht prüft sodann, ob Leistung und Gegenleistung der an dem Geschäft Beteiligten in einem derart auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen, daß dies die Nichtigkeit der geschlossenen Vereinbarungen wegen Sittenverstoßes herbeiführt.
Das Berufungsgericht stellt fest, nach der Vereinbarung der Beteiligten habe die von der Klägerin eingegangene Verpflichtung, von den auf dem Schiff lastenden Hypothekenschulden 100000 DM als eigene Schuld zu übernehmen, durch Verrechnung mit den Gewinnanteilen getilgt werden sollen, die auf den der Klägerin zugedachten Schiffsanteil entfielen und dieser zustanden. Wenn das Berufungsgericht die getroffene Vereinbarung dahin auslegt, beim Fehlen eines Reingewinns habe die Klägerin die Verpflichtung zur Schuldübernahme erfüllen und für die übernommenen Schulden persönlich eintreten müssen, so läßt sich dies aus Rechtsgründen nicht beanstanden.
Wenn das Berufungsgericht schließlich auf Grund sei¬ner sonach fehlerfreien Feststellungen ein auffallendes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung verneint, so unterliegt auch das keinen rechtlichen Bedenken.
Ein solches Mißverhältnis kann allerdings, ohne daß alle Voraussetzungen des Wuchers vorzuliegen brauchen (§ 138 Abs. 2 BGB), bei Gesamtwürdigung aller sachlichen und persönlichen Umstände des Einzelfalles zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB führen (BGH NJW 51, 397). Es besteht hier indessen nicht. Das Schiff hatte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach Beendigung des Umbaues einen Wert von 500000 DM, der an die Klägerin verkaufte Anteil von 27,5% demnach rechnerisch einen solchen von 137500 DM, wobei die Belastungen des Schiffs außer Betracht gelassen sind, die die Klägerin mitzuübernehmen hatte. Die für die Übereignung dieses Anteils von der Klägerin eingegangenen Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 110000 DM (220/„ des Schiffswertes und 4/5 des Anteilswerts) und der ebenfalls zu berücksichtigende Umstand, daß die Beklagte durch Abschluß des Kaufvertrages die Gewährung eines Darlehens durch die „E"-Gesellschaft erreichte, stehen in keinem auffallenden Mißverhältnis zu der von der Beklagten zu erbringenden Leistung, zumal der Wert eines Schiffes und der Beteiligung an einem Schiffsbetrieb einer objektiven, sicheren und allgemein anerkannten Schätzung schwer zugänglich ist, wie der Senat in seinem Urteil LM BGB § 138 (Ba) Nr. 4 (= WM 1960, 293) bereits ausgeführt hat. Gewiß war nicht sicher, ob die Klägerin die von ihr eingegangenen Verpflichtungen würde erfüllen können, wenn sie nicht durch die ihr zukommenden Gewinnanteile gedeckt werden konnten. Das hierin für die Beklagte liegende Risiko wurde aber dadurch wesentlich gemildert, daß ihr die Möglichkeit des Zugriffs auf den Schiffsanteil der Klägerin blieb, wenn sie sich selbst zur Befriedigung der Hypothekengläubigerin genötigt sah. Rein wirtschaftlich gesehen sollte durch eine im Anschluß an die Bescheinigung vom 23. April 1953 erfolgte Zahlung von 110000 DM ein Schiffsanteil im Werte von 137500 DM mit Gewinnberechtigung ab September 1953 erworben werden, wobei gleichzeitig auf der Erwerberseite ein die Veräußererseite nicht berührender Steuervorteil erstrebt wurde. Der Veräußerer wurde dadurch in die Lage versetzt, durch Aufnahme bedeutender Fremdgelder erheblichen Gewinn aus dem Schiffsbetrieb zu erzielen, wie auch der Erwerber aus seinem eigenen Kapital einen verhältnismäßig etwas höheren Gewinn machen konnte. Das Berufungsgericht hat demnach mit Recht eine Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen abgelehnt.